Ryan Adams 1989, PaxAm Records, 2015 |
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01. Welcome To New York | 08. Bad Blood | |||
02. Blank Space | 09. Wildest Dreams | |||
03. Style | 10. How You Get The Girl | |||
04. Out Of The Woods | 11. This Love | |||
05. All You Had To Do Was Stay | 12. I Know Places | |||
06. Shake It Off | 13. Clean | |||
07. I Wish You Would | ||||
Unser Americana-Tausendsassa Ryan Adams macht momentan wieder schwer von sich reden. Eine verrückte Idee, die der 40-jährige Grenzgänger zwischen Singer-Songwriter, Folk, Country und Pop uns da offeriert: Adams covert - man höre und staune - Song für Song Taylor Swifts letztjähriges, platinveredeltes Erfolgsalbum "1989". Kein Scherz, sondern pure Abenteuerlust und eine Launenhaftigkeit, die Adams im vergangenen Winter an einem einsamen Abend ersonn und nach einigen vielversprechenden Probeläufen Anfang August im Aufnahmestudio voller Leidenschaft in die Tat umsetzte.
Ob es lediglich ein verwegener und ausgeklügelter Promotiongag oder wirklich eine ernsthafte künstlerische Herausforderung für ihn darstellte, macht Ryan mit einer nachvollziehbaren Replik mehr als klar: er habe das Potential in Swifts Songs erkannt und vermutet und gehofft, den als oberflächlich verschrienen Dancefloor-Pop der blonden Mainstream-Queen reibungslos in seinen Singer-Songwriter Kosmos zu integrieren. Man habe die Songs gesandstrahlt und überflüssigen Pomp und Zierrat rigoros entfernt.
Heraus kommt ein Album, das beim ersten Anhören wie eine mehr oder weniger typische Ryan Adams Platte klingt. Der Mann hat in den letzten knapp 20 Jahren schließlich eine unverkennbare Handschrift entwickelt, sei es mit seiner alten Band WHISKEYTOWN oder seinen zahlreichen Soloalben, die mitunter ein großartiges Niveau und eine enorme Halbwertzeit entwickeln. Man denke nur an sein großartiges Solodebut "Heartbreaker" oder das phänomenale "Gold", sowie "Cold Roses" oder auch "Ashes And Fire".
Wenn einem - wie im übrigen auch dem Rezensenten - das originale Taylor Swift Album nun gänzlich unbekannt ist, meint man tatsächlich ein 'normales' und gut gelungenes Ryan Adams Album zu hören. Seine gefühlvolle Pop-Affinität hat der Mann aus Jacksonville/North Carolina schließlich schon oft genug bewiesen, sei es mit seiner "Easy Tiger"-Scheibe oder auch dem im vergangenen Herbst mit Frühachtzigerjahre Sounddesign verklärten, selbstbetitelten "Ryan Adams" Album. Beim anschließenden Vergleichshören - dank der freundlichen Leihgabe der eigenen Tochter - kommt man allerdings aus dem Staunen nicht mehr raus.
Taylor Swifts Dancefloor-Attacken werden auf die typische und unnachahmliche Adams'sche Weise personalisiert und mit einem Arsenal aus Akustik- und E-Gitarren vom jugendlichen Überschwang befreit und auf die Reise in eine teils rockige, teils folkige Welt voller Überraschungen geschickt.
Adams' altbekannter Hang zum Melancholischen zeigt sich insbesondere in solchen Tracks wie Blank Space und This Love, wo er Taylor Swifts unbekümmerte Haltung durch nachdenkliche Introvertiertheit und romantisches Seufzen ersetzt. Taylor Swifts Liederzyklus blickt plötzlich mit völlig anderen Augen in eine Welt, deren harte Realitäten sich eben nicht nach einer verträumten Nacht in Wohlgefallen auflösen, sondern Probleme, Hindernisse und Ungereimtheiten tatsächlich aushalten müssen. Die süße Taylor zertanzt ihre Probleme einfach solange bis Sonne wieder scheint. Ryan, der große, erfahrene Bruder setzt sich mit ihnen auseinander, zündet eine Kerze an, grübelt und schluchzt bis die Last endlich von seinen Schultern fällt. Ein Unterschied wie Tag und Nacht. Obwohl die Ideen aus Taylor Swifts Kopf stammen, begegnen wir hier einem Ryan Adams Album reinsten Wassers. Berührend und sehr gelungen.