Pretty World, Eigenvertrieb, 2007 | ||||
Sam Baker | Vocals, Acoustic Guitar, Harmonica | |||
Mike Daly | Pedal Steel, Slide Guitar | |||
Ron DeLa Vega | Upright Bass, Bass | |||
Mickey Grimm | Drums, Percussion | |||
Tim Lorsch | Octave Violin, Violin, Mandolin | |||
Rick Plant | Electric Guitar | |||
Walt Wilkins | Acoustic Guitar, Vocals | |||
Gäste: | ||||
Joel Guzman | Accordion | |||
Lloyd Maines | Pedal Steel, Resophonic Guitar | |||
Bill McDermott | Pump Organ, Electric Guitar | |||
Fats Kaplan | Accordion | |||
Gurf Morlix | Vocals, Electric Guitar | |||
Davis Raines, Marcia Ramirez, Britt Savage | Vocals | |||
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1. Juarez | 7. Psychic | |||
2. Orphan | 8. Boxes | |||
3. Slots | 9. Prelude | |||
4. Pretty World | 10. Broken Fingers | |||
5. Odessa | 11. Days | |||
6. Sweetly Undone | 12. Pretty World Recessional | |||
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Seit Monaten mal wieder ein echter Paukenschlag. Ordentliche bis gute Singer-Songwriter/Roots/Americana-Alben kommen ja quasi alle paar Wochen auf den Markt, aber so eines von der ersten bis zur letzten Minute überzeugendes Elaborat wie Sam Bakers Zweitling "Pretty World" beschert einem dann doch 40 pralle und satte Minuten aus tiefen Emotionen, sprachlich ausgewogener Treffsicherheit, musikalisch profunder Vielseitigkeit und all dies dargereicht in einer klanglich hervorragenden, bar jeden Firlefanzes überzeugenden Produktion, die den Hörer jedes Instrument körperlich spüren lässt (über Kopfhörer umso prickelnder). Walt Wilkins, dessen Album 2005 im HoR auch schon besprochen wurde, fungiert gemeinsam mit Geiger und Mandolinenspieler Tim Lorsch, als einfühlsamer und somit eindrückliche Atmosphären vermittelnder Produzent.
Hier kommt dann eines zum anderen, wenn Sam Baker, der über sich selbst sagt, die Stories seiner Songs seien ihm das Allerwichtigste, eben jene mit solch prägnanten Charakteren ausstaffiert, dass sie einem nach der ersten Strophe schon ans Herz wachsen oder ob ihrer Verschrobenheit oder Schrulligkeit uns einfach nur zum sehr neugierigen Betrachten animieren, uns aber letztlich auf die eine oder andere Art und Weise anrührende Momente bescheren.
Baker selbst singt zwar nicht schön, sondern knarzt und rumpelt über seine Wortgeschöpfe, weiß aber, wie einige andere der großen texanischen Songwriter (Townes van Zandt, John Prine, Guy Clark) durch schiere vokalistische Präsenz zu fesseln. Das asketische Titelstück Pretty world soll hier als Anspieltipp gelten.
Andere Songs wie Juarez oder das wunderbare Orphans sind da schon opulenter ausgestaltet. Da schwebt ex-WHISKEYTOWNer Mike Daly auf den Schwingen seiner Pedal-Steel durch die Landschaft, Tim Lorschs Violine oder Ron DeLaVegas Cello ziehen eine enge Schlinge um dein Herz und die rührselige Story über die Frau, die ihre wehmütigen Erinnerungen in Pappschachteln aufbewahrt, lässt dich plötzlich an deine eigene alternde Mutter denken.
Die weiteren musikalischen Gäste verweisen ebenfalls auf so klangvolle Namen wie Gurf Morlix (Guitar), Fats Kaplan (Accordion), Lloyd Maines (Resophonic Guitar, Pedal Steel). Deren ausgewiesenen Fähigkeiten verdichten den Spannungsbogen ein ums andere Mal in traumwandlerischer Manier. So gleicht Sam Bakers "Pretty World" einem Meisterstück intensiver Songwriterkunst, steht fest wie ein Fels im Tornado, aufrecht und saftig wie ein Kaktus in der Wüste.
"Pretty World" kommt zudem in einem schlichten, ansehnlichen, klappbaren, weißen Digipack, mit einem simplen, aber um so beeindruckenderen Coverdesign. Da wünscht man sich sofort wieder in die Zeiten der alten Vinylscheiben mit den großen Coverartworks zurück. Viel zu klein fristet dieses wunderbare Foto aus Sam Bakers Kamera sein bescheidenes Dasein auf dem Frontcover.
Alles zusammengerechnet hinterlässt "Pretty World" einen formidablen Gesamteindruck. Äußerst empfehlenswert für Freunde texanischer Singer-Songwriter-Kunst. Nicht umsonst steht der gute Sam Baker diesen Monat an der Spitze der Euro-Americana-Chart.