Titel |
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01. Strange Things |
02. I Got You |
03. Love Is Coming |
04. Weather |
05. Revolving Broken Heart |
06. Off My Mind |
07. Don't Even Believe In Love |
08. My Mind's Riot |
09. Here I Am |
10. The Equation |
11. Lovefear |
Musiker | Instrument |
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Shelby Lynne | Vocals, Harmony Vocals, Guitars, Piano, Bass, Drums |
Benmont Tench | Wurlitzer Piano |
Ed Roth | Keyboards |
Zwanzig Jahre nach ihrem Best New Artist Grammy-Gewinn für ihr 1989er Album "I Am Shelby Lynne" präsentiert sich die blonde Sängerin als gereifte Frau, die den einengenden Businesszwängen längst abgeschworen hat und sich nur noch in den Vordergrund wagt, wenn sie etwas zu sagen hat, das tatsächlich ihr selbst entspricht. Anbiederndes Gauklertum überlässt sie den jüngeren, nach Anerkennung gierenden Sängerinnen, die ihre Lehren erst noch ziehen müssen.
Die 51-jährige Lynne, die bekanntermaßen das Schicksal mit ihrer jüngeren Schwester Allison Moorer teilt, den Mord der eigenen Mutter durch den alkoholkranken Vater mit angesehen zu haben, hat also schon Bekanntschaft mit der dunklen Seite des Lebens gemacht. So ist auch auf ihrem neuen Album, das schlicht "Shelby Lynne" titelt, ein gewisser Hang zu bittersüßer Melancholie und strenger Nachdenklichkeit unverkennbar, die den Grundton dieses 11-Song-Reigens mehr oder weniger durchweg bestimmen. Shelby spielt hier fast alle Instrumente selbst, wechselt von Akustik- und E-Gitarre zum Piano, bemüht sogar ihre alten Saxofonkenntnisse und entert unbekümmert den Schlagzeugstuhl, um ihre kathartischen Songs entsprechend ihrer Vorstellung auszugestalten.
Falls nötig holt sie sich aber auch namhafte und kompetente Unterstützung, wenn sie einen ausgewiesenen Crack wie Tom Petty & The Heartbreakers-Legende Benmont Tench ans Wurlitzer Piano bittet, um einen vergleichsweise heiter-beschwingten old school Soulsong wie I Got You auf die Reise zu schicken. Die ebenfalls in Eigenregie mehrfach geschichteten Harmony Vocals klingen in diesem Kontext extrem reizvoll und erinnern an Spätsechziger Soul-Glanztaten der Hi und Stax Schule.
Doch im Großen und Ganzen lebt diese außergewöhnliche Platte von ihrer ruhig vor sich hin fließenden, gelebten Leidenschaft, ihren introspektiven von Verletzlichkeit geprägten Lyrics und den für Shelby Lynne typischen intensiv zelebrierten Gesang, der einmal mehr beweist, dass sie als Vokalistin ganz klar in die erste Reihe gehört und sich in Sachen Soul und Rhythm & Blues allerbestens auskennt.
Wen wundert es also, wenn die Künstlerin ihr Album mit folgendem O-Ton ankündigt: "Heutzutage ist alles so unecht, so gekünstelt. Ich möchte realistisch sein. Das ist für mich die einzige Möglichkeit, zu kommunizieren. Dies sind elf Stücke, die ich liebe und die ich mit der Welt teilen möchte. Sie wurden zu verschiedenen Zeiten unter sehr unterschiedlichen Umständen aufgenommen, aber ich denke, sie passen zusammen".
Festzuhalten bleibt schlussendlich noch die interessante Tatsache, dass die Kompositionsarbeiten durch Shelbys Zusammenarbeit mit der Drehbuchautorin und Regisseurin Cynthia Mort getriggert wurden. Ihre befruchtende Gemeinschaftsarbeit an dem Independent Streifen "We Kill The Creators", in dem Shelby höchstpersönlich eine tragende Rolle übernahm, wollten die beiden Damen ursprünglich zeitgleich auf die mediale Reise schicken. Diese Idee scheitert nun jedoch daran, dass für den Kinofilm bislang noch kein Vertrieb gefunden werden konnte. So bleibt uns zunächst nur diese berührende neue Shelby Lynne Scheibe, die intensiv und tragfähig genug erscheint, um dem Hörer in einer Zeit, die ganz aktuell von kritischer Nachdenklichkeit gekennzeichnet ist, einen passenden Soundtrack zu liefern.