Titel |
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01. Domino |
02. The Show |
03. Collateral Damage |
04. Crown Victoria |
05. Anchor |
06. Bleed Me |
07. Happy Birthday Who |
08. No Man’s Land |
09. The Human Race |
10. Divide & Conquer |
Musiker | Instrument |
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Cary Ann Hearst | Vocals, Keyboards, Piano, Drums |
Michael Trent | Vocals, Guitars, Keyboards, Bass |
Musikalische Duos können eine ewige Gratwanderung sein. So lange man auf den gleichen Gipfel will und sich gegenseitig Halt gibt, sprudeln die Songs wie aus einer versteckten Quelle nur so heraus. Sobald die Partnerschaft aber Risse bekommt, Eifersüchteleien ins Spiel kommen, wird die gemeinsame Arbeit zum Kraftakt – schlag nach bei den Everly Brothers, Simon & Garfunkel, Ike & Tina Turner und zahllosen anderen Traumpaaren. Und keine Band weit und breit, die als Puffer und Vermittler dienen könnte.
Cary Ann Hearst und Michael Trent teilen seit Jahren ihr Leben, die Kinder, das Zuhause und die Musik. Als SHOVELS & ROPE balancieren sie an der Grenze von Indie-Rock, Americana, Folk und Country und das mit wachsendem Erfolg. Trotzdem war die Entstehung des sechsten gemeinsamen Albums kein einfacher Prozess. Corona natürlich stand im Weg; geplant war eigentlich ein sparsam instrumentiertes, introspektives Durchschnaufen, aber da keine Tour und keine anderen musikalischen Ausflüge möglich waren, blieb doch nur der Gang ins eigene Studio, um sich abzulenken.
Und so ist „Manticore“ zumindest in der ersten Hälfte sogar ein eher ruppiges Album mit Elektro-Beats und verzerrten Stimmen geworden – letztere Spielerei hatte das Paar auch auf früheren Alben schon häufiger zum Stilmittel erkoren. “It’s not heavy metal, but in our guts, it feels a bit like Heavy Metal,” scherzt Michael Trent über Songs wie Domino oder Crown Victoria, in denen die beiden eher nach WHITE STRIPES klingen (wollen), als nach einem klassischen Songwriter-Ehepaar aus dem amerikanischen Süden.
Aber spätestens mit dem getragenen Anchor geht dem Album das Wilde dann doch verloren und dafür rückt ein anderes Traumpaar der amerikanischen Musik prominent in den Fokus. Plötzlich umgarnen sich die Stimmen von Trent und Hearst wie einst Gram Parsons und Emmylou Harris, um trostspendend zu verkünden: „she’s an achor in the deep blue sea“. Gitarre und Piano werden für den Rest der Songs deutlich zurückgenommen, die Drums geben nur noch vorsichtig den Takt vor und dafür erzählen die beiden im Einklang über eine gescheiterte Ehe, in der die Kinder sich entscheiden müssen (Divide And Conquer), über die Hoffnung auf menschliche Vernunft (The Human Race) oder wenden sich emotional direkt an ihre Kinder. Bleed Me ist tatsächlich die Sorte Ballade an den eigenen Nachwuchs, die so ehrlich ist, dass sie niemals peinlich wird – auch wenn die Kids in einigen Jahren im Überschwang der Pubertät das Ganze vielleicht als Schmachtfetzen abtun werden.
Corona hat schon so manche seltsame Verrenkung verursacht. Im Falle von SHOVELS & ROPE ist es eher die Wahl des Albumtitels – ein „Manticore“ ist ein Fabelwesen, eine Mischung aus Löwe und Drache und Skorpion, aber von diesem Unwesen hat das Album nun rein gar nichts. Stattdessen erinnert es an eine Zeit, als Songwriting noch daran gemessen wurde, wie gut ein Lied auch ohne jeden Schnickschnack funktioniert. So wie das wunderbare Happy Birthday Who: es braucht ein paar Piano-Töne, eine leise Harmonika und zwei sehnsuchtsvolle Stimmen. Gram und Emmylou hätten es nicht besser hinbekommen…