The Bottle Rockets Lean Forward, Blue Rose Records, 2009 |
Brian Henneman | Guitar, Vocals | |||
John Horton | Guitar | |||
Keith Voegele | Bass, Backing Vocals | |||
Mark Ortmann | Drums | |||
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01. The Long Way | 07. Kid Next Door | |||
02. Shame On Me | 08. The Way It Used To Be | |||
03. Nothin' But A Driver | 09. Get On The Bus | |||
04. Hard Times | 10. Slip Away | |||
05. Done It All Before | 11. Solitaire | |||
06. Open Your Eyes | 12. Give Me Room | |||
Wie es einstmals so kam, dass der langsam in die Jahre kommende Schreiber auf die BOTTLE ROCKETS aufmerksam wurde, wissen weder er, noch die BOTTLE ROCKETS ;-) so genau. 15 oder 16 Jahre ist das jetzt her (und große Mengen Alkoholika aus Tennessee's bekanntestem "Getränkemarkt" floss durch eine immer durstige Kehle und meuchelte dabei so manche Gehirnzelle). Immerhin war das Verlangen nach echter Ami-Musik damals riesengroß und nie wieder hatte der Rezensent sein Ohr so dicht an den USA. Es dauerte nicht lange, bis sich damals der Begriff Roots Rock etablierte und nicht weit danach, im Prinzip mit Erscheinen eines Albums Namens "24 Hours A Day", wurde die veröffentlichende Band vom hauseigenen Eichamt als Qualitätsstandard festgelegt, an dem sich alles, was irgendwie mit Roots, Red Dirt, Alt.Country oder Americana zu tun hatte, messen musste. Und auch heute noch zählt diese Musiksparte, neben Southern und Blues Rock zum Lebenselixier; sieht der Schreiber die BOTTLE ROCKETS immer noch als Maßstab allen Roots Rocks an. (Nichtsdestotrotz wird den DRIVE-BY TRUCKERS einmal wöchentlich ein Gedächtniskerzlein angezündet und für die RYAN BALES BAND lässt der olle Dampfplauderer regelmäßig eine Solo-La-Ola-Welle durch die gute Stub' rollen).
Woher all diese rückwärts gewandten Gedanken kommen? Tja, mächtig Roots Rock bollert seit Stunden durch die Boxen. Enorm Elektrischer! So elektrisch, dass der Schreiber immer wieder mit offener Klappe da sitzt. Es muss was passieren. Und zwar möglichst bald, denn Mundtrockenheit ist ein unmöglicher Zustand. Deshalb wird sich der Rezensent vorsorglich mal ein 0,2er Gebinde von, was hamma denn grad da... hach, was 'n Zufall... Jack Daniels einschenken...
So, und jetzt der Reihe nach:
Die erstgenannte Referenz-Band für Roots Rock und Alt.Country hat endlich, nach drei Jahren und jeder Menge US-Konzerte, dass lang ersehnte, neue Album am Start. "Lean Forward" heißt es doppeldeutig und ich sach' das mal gleich: Es rockt!
Für Reviews über Leib- und Magenbands zeigt sich (muss hin und wieder mal angesprochen werden) der Nachteil einer digitalen Bemusterung. Wer nun welchen Song geschrieben und welches Instrument gespielt hat, muss ich diesmal offen lassen. Beschränken wir uns also auf die Songs dieser CD und die Tatsache, dass Brian Henneman eh schon immer der Hauptsongwriter der BOTTLE ROCKETS war.
Für leichte Ernüchterung sorgte allerdings der Einstieg in den Opener The Long Way, der eine verblüffende Ähnlichkeit mit den ersten Akkorden von Kit Kat Clock (aus 1997) aufwies. Aber dann kam doch alles anders, denn The Long Way bollert, Riff hin Riff her, genauso aus den Boxen, wie eine gute BOTTLE ROCKETS Nummer bollern muss. Punkt!
Henneman's Ausstrahlung ist vom ersten Ton an geradezu spürbar, seine Stimme immer noch die beste in der gesamten Roots Rock Sparte; die Gitarren mächtig elektrisch, der Groove, den Voegele und Ortmann hinlegen, vom Feinsten. Roots-Herz, was willst du mehr!?
Weiter geht’s mit Shame On Me, ein trotzig-krachendes Take, das die Band nicht nur mit stampfenden Groove unterlegt, sondern auch mit einem herrlich schlüpfrigen Bar-Piano. Da kommt, spätestens nach dem Gitarrensolo, gleich mal eine enorme Erwartungshaltung bezüglich einer richtigen Deutschland-Tournee auf. Dabei wär's ganz schön, wenn Germany nicht nur aus Isernhagen bestünde!
Eine Zusammenfassung für "Lean Forward" ist bei der Qualität dieser Scheibe keine große Sache. Jeder Song des Albums ist (wie immer eigentlich) eine Perle. Manchmal eine große runde von herrlicher Ausstrahlung, manchmal eine eher kartoffelförmige, die ihren Reiz erst bei mehrmaligem Betrachten (bzw. Hören) offenbart. Jede dieser Perlen erzählt kleine, meist unkapriziöse, manchmal überaus ironische, machmal aber auch zu tiefst bewegende, ja gänzlich melancholische Geschichten. Die Kunst Henneman's, alltäglich passierende Augenblicke festzuhalten und darüber diese herrlich schnodderigen Songs zu schreiben, rückt ihn ganz ganz nah an die ganz großen amerikanischen Songwriter in deren goldenen Hallen heran. Bei seiner Bescheidenheit könnte es aber durchaus passieren, dass sich der olle Knitterkopp mit irgendeiner seiner alten Gitarren in ein billiges Hotel-Zimmer zurück zieht. Eins neben irgendeiner, im 10-Minuten-Takt vorbei ratternden, Hochbahn oder eins mit Blick auf einen tristen Hinterhof; voll gestellt mit Mülltonnen und Sperrmüll. Hier finden Brian's Gedanken vermutlich am ehesten den Stoff, der in dem Einen oder Anderen Song verbraten werden könnte. Der Rest, da bin ich mir ziemlich sicher, entsteht auf der Veranda seines Hauses. Dort, wo man sich Abends mit einem "Zweifachen auf Eis" in den Schaukelstuhl fläzt, die Beine hochlegt und die Gedanken beim großen Konzert der Grillen und Zikaden fliegen lassen kann.
Wer nun immer noch nicht begriffen hat, wie die Welt der BOTTLE ROCKETS funktioniert, der darf und sollte sich trotzdem an dieses feine Album heran trauen. Die Gedanken, die ich seit ungefähr zehn Minuten verstreue, lassen sich von jedem, der sich in diesen kleinen, feinen, manchmal schönen, manchmal aber auch depressiven Mikrokosmos Namens "Lean Forward" hinein hört, nachvollziehen. Einfach nur trauen, es funktioniert!
Für alle, die die BOTTLE ROCKETS seit Jahren begleiten, muss man im Grunde nichts weiter sagen als: Wunderbares Album; könnt ihr blind kaufen!