The Kinks Schoolboys In Disgrace, Universal Music, 2010 (1975) |
Ray Davies | Vocals, Guitar, Piano | |||
Dave Davies | Lead Guitar, Vocals | |||
Mick Avory | Drums | |||
John Dalton | Bass Guitar | |||
John Gosling | Keyboards | |||
Special Guests: | ||||
John Beecham | Trombone | |||
Alan Holmes | Saxophones | |||
Nick Newall | Tenor Saxophone | |||
Pamela Travis, Debbie Doss, Shirley Roden | Backing Vocals | |||
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01. Schooldays | 06. Headmaster | |||
02. Jack The Idiot Dunce | 07. The Hard Way | |||
03. Education | 08. The Last Assembly | |||
04. The First Time We Fall In Love | 09. No More Looking Back | |||
05. I'm In Disgrace | 10. Finale | |||
Nachdem sich die KINKS - also, eigentlich Chef und Vordenker Ray Davies - entschlossen hatten, nach dem 71er Album "Muswell Hillbillies" sich auf Konzeptalben zu verlegen, beschloss eben jener Ray, die Band wieder mehr zu der Rockband zu machen, die sie ursprünglich gewesen ist. Besonders Bruder und Leadgitarrist Dave Davies hatte da hörbar seine Freude daran.
Wir schreiben das Jahr 1975 und gerade mal ein halbes Jahr, nachdem "Soap Opera" erschienen war, legten die KINKS das vorläufig letzte Konzeptalbum nach: "Schoolboys In Disgrace". Wie Steven Spielberg mit seinen posthumen STAR WARS Frühfilmen, legt Ray hier praktisch eine Art Vorgeschichte zu den zuvor erschienen Konzeptalben der frühen 70er Jahre vor und könnte gleichzeitig eine Inspiration für Roger Waters "The Wall" Konzept gewesen sein. Dass sich ein rotznäsiger australischer Teenager von der Schuljungenuniform, zu der Ray Davies seine Mitstreiter knechtete, zu seinem Bühnenoutfit animieren lies, ist hingegen ein eher weit hergeholtes Gerücht.
Der Opener Schoolboys ist entsprechend weder von Chuck Berry noch von AC/DC, sondern der verträumte Prolog zu einer Reise in die (Schulzeit-) Vergangenheit. Erinnert musikalisch schon etwas an den Doo-Wop Gesang der 50er und wird schon fast melancholisch, wenn Ray singt "Schooldays were the happiest days". Schöne treffsichere Gitarrenlicks von Dave Davies.
Das Intro von Jack The Idiot Dunce legt einem sofort die Worte "splish splash i was taking a bath" auf die Zunge (Frank Zander: "Splish splash, heute nehm' ich ein Bad") und mündet entsprechend in einen 50er Rock'n'Roll-Piano-Wirbelwind im Stile des Killers. Macht so richtig Spaß und der Backgroundgesang bringt sowohl die BEACH BOYS als auch 10cc mit ins Spiel. Und fragt mich bitte keiner, was ein "Dunce" ist. Bassist John Dalton weiß es bis zum heutigen Tag nicht.
Typischer ist das folgende Education, im Midtempo-Rock-Stil. Zunächst vom Piano bestimmt, wird Daves E-Gitarre dann schon deutlicher und derber, wenn sie auch der Bruder noch etwas zurückhaltend abgemischt hat. Mit seinen über sieben Minuten ist das Ding schon fast eine kleine Rockoper und hat ein bisschen was von der "Rocky Horror Picture Show" mit einem furiosen Finale.
Originalgetreuer kann man eine 50's Teenager-Ballade nicht bringen, wie The First Time We Fall In Love. So richtig was zum in Träumen und in Erinnerungen schwelgen. Das hat kaum einer besser drauf als Ray Davies. Jahre später wird er das mit Don't Forget To Dance auch in den Hitparaden demonstrieren. Hier geht’s dann - ganz wie MEAT LOAF ein paar Jahre später - in einen Doo-Wop Endspurt.
I'm In Disgrace beginnt wie eine Piano-Ballade und Ray erzählt von "the first time that I saw you", bis Bruder Dave mit einem richtig kernigen E-Gitarren-Riff dazwischen fährt und den Song zu einem mitreißenden Rocker macht. Jedenfalls für Mitsiebziger Verhältnisse. Gefällt mir richtig gut!
Auch die "Entschuldigung" an den Headmaster pendelt zwischen harter Rocknummer und balladesken Elementen. Vielleicht die Nummer, die die größte Verbindung zu "The Wall" herstellen kann.
Die Riffs von The Hard Way hat man in ähnlicher Form bei den Kollegen von THE WHO gehört (I Can't Explain), in dieser Zeitspanne dienen sie aber auch als Verweis auf die aufkommende Punk-Welle. Hat jedenfalls Drive und Power und hat es als eine der wenigen Nummern auch in spätere Live-Programme der Band geschafft.
Zu kirchenorgelgleichen Klängen fassen sich wohl alle an den Händen oder Schultern und schunkeln zu The Last Assembly. Das können nur Menschen so produzieren in denen die Gene stecken, die durch ein gutes Jahrhundert Fußballstadiongesänge geprägt sind. Schmalzig, aber schön. Könnte hier und das mal "You'll never walk alone" ersetzen.
No More Looking Back ist nochmals typischer British-Rock, der in den 60ern wurzelt. Erinnert mich teilweise auch den THE PRETTY THINGS. Das Finale legt gerade so richtig schön los, Dave Davies rockt richtig geil auf seiner Gitarre, alles kommt bestens in Schwung, aber bevor man seinen Sessel verlassen hat, um Mitzurocken … ist der Song nach knapp über einer Minute schon wieder rum. Echt schade, zumal nach wenig über einer halben Stunde noch reichlich Platz auf dem Silberling gewesen wäre und Bonustracks auch Fehlanzeige sind.
Na ja, in nur einem halben Jahr hat sich wohl nicht so viel "Überschuss" angesammelt, trotzdem wären ein, zwei Live-Tracks nicht schlecht gewesen.
Die "Schoolboys" sind aber durchaus ein Album, welches einen gut unterhält und überwiegend Freude bereitet, wenn man sich für den 50er Rock'n'Roll Stil begeistern kann. Ich tu's.