The Pineapple Thief
Little Man, Cyclops Records, 2006
Bruce Soord Vocals, Guitars
Wayne Higgins Guitars
Jon Sykes Bass
Steve Kitch Keyboards
Keith Harriscon Drums
Richard Hunt Violin
Produziert von: Pineapple Thief Länge: 56 Min 18 Sek Medium: CD
1. Dead In The Water7. November
2. God Bless The Child8. Boxing Day
3. Wilting Violet9. God Bless The Children
4. Wait10. Snowdrops
5. Run A Mile11. We Love You
6. Little Man

Bruce Soord startete mit den Ananas-Dieben als Nebenprojekt seiner Band VULGAR UNICORN im Jahre 1999. Acht Jahre und fünf Alben später ist es genau andersrum geworden. Und das aus gutem Grund: Qualität setzt sich durch. PINEAPPLE THIEF sind eine New Art-Rock Band, wenn man sich auf einen groben Nenner festlegen will. Waren die ersten drei Alben dabei sehr stark in Richtung der älteren PORCUPINE TREE orientiert, so findet seit dem 2005er Album "10 Stories Down" eine Neuausrichtung der Band statt. Nun sind die Eckpfeiler im Bereich Alternative Pop- und Rock, sowie allgemein im Indiebereich festzumachen, dabei jedoch noch kunstvoll genug, um es weiterhin auch dem Art-Rock zuzuordnen.

Das fand ich auf "10 Stories Down" ziemlich fad und misslungen (oder ich war einfach nicht auf diesen Umschwung vorbereitet, ich gebe es zu und werde noch mal hören) und deshalb war meine Skepsis hier für dieses Nachfolgealbum groß. Nun - die Koordinaten sind dieselben wie beim 2005er Werk: RADIOHEAD, COLDPLAY, ein Schüsschen R.E.M., etwas WILCO. Aber - um mal das Fazit nach vorn zu schieben - diesmal finde ich es große Klasse. "Little Man" (übrigens wunderbar minimalistisches Cover) hat vor allem zwei durch die Bank herausstechende Eigenschaften: Es ist melancholisch und es ist hypnotisch.
Und es ist großartig arrangiert.
So sehr das Album aus Songs besteht und nicht aus Werken, wie sonst oft im Prog- und Artrock üblich, so sehr ist es trotzdem bis ins Kleinste durchdacht kreiert worden. Man höre und freue sich über all die kleinen Feinheiten, wie die übers Album verteilte exzellente Percussion, meist im Hintergrund, aber ständig phantasievoll variabel treibend. Oder gleich der Beginn des ersten Stücks. Ein kratziges Störgeräusch ertönt ein paar Mal und bis du es richtig wahrnimmst (oder dich geärgert hast) gibt genau dieses Geräusch den Rhythmus (quasi als Loop) an, in den die Band mit einer Gitarrenspur und traurigem Gesang einsteigt.
Thema Gesang. Eine Eigenart von Soords Gesang auf dem Album, sind wenige, aber dafür sehr oft von ihm wiederholte Textzeilen, die sich dadurch wie eine Art Mantra im Hirn festsetzen und ebenso zur Sogwirkung der Musik beitragen.
Ergreifende Balladen von elegischen Streichern getragen (Wait), hart riffende Gitarren (Run a mile), elektronische Effekte, immer songdienlich eingesetzt, fliessende Tom-Muster am Drumset, das bekannte und so wirkungsvolle Laut/Leise-Spiel - der kleine Mann trägt 'ne Wundertüte mit sich. Und dabei ist alles ganz locker leicht zu hören, strengt nicht an, hat Songs, die auch hängen bleiben und ist auch einfach oberflächlich als gute Rockmusik mal nebenbei zu genießen. Das nenne ich große Rockkunst. So sehr ich ausufernde 20 Minuten Epen schätze, so sehr bewundere ich diese Kunst im Kleinen.

Bruce Soord und seiner Band (inzwischen ist es eine Band, laut seiner Aussage, und kein Projekt mehr) ist ein wirklich modernes, sehr gutes Rockalbum gelungen, das aufgeschlossenen Art-Rock Hörern genauso gefallen kann, wie Menschen, die es gerne etwas genußbereiter serviert bekommen wollen. Ich bin gespannt, was da noch weiteres folgen wird, die Herren könnten noch groß werden.

P.S.: Ich muß es noch erwähnen. Ein großartiges (benutzte ich das Wort hier schon mal?), sich ständig steigerndes, melancholisch-hymnisches Gitarrensolo krönt den längsten und letzten Song des Albums We love you. Yes, I do love your music, Mr. Soord.

Jürgen Gallitz-Duckar, 10.01.2007

 

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