What We Have Sown, Cyclops Records, 2007
Bruce Soord Vocals, Guitars
Wayne Higgins Guitars
Jon Sykes Bass
Steve Kitch Keyboards
Keith Harrison Drums
Gäste:
Richard Hunt Violin (on track 2)
Produziert von: Bruce Soord & Steve Kitch Länge: 57 Min 19 Sek Medium: CD
1. All You Need To Know4. West Winds
2. Well I Think That's What You Said5. Deep Blue World
3. Take Me With You6. What Have We Sown ?

Da geht man ins Studio um 'ne Best Of-Scheibe zusammenzustellen (hat die Plattenfirma etwa gedrängelt ? ), merkt aber, dass das Abmischen des alten Zeugs nicht ganz so spannend ist und kümmert sich lieber um neue Musik. So geht die Vorgeschichte zu PINEAPPLE THIEF's sechstem Album.

Das beginnt so wunderbar mellotronig-flockig-leicht, mit diesem unwiderstehlichen Touch Melancholie den Bruce Soords Gesang einfach immer sofort bei mir erzeugt. All You Need To Know ist ein erstklassiger Pop-Rock Song in angeproggten Klamotten daherkommend. Hätten wir eine bessere Radiolandschaft, dann blablabla . Tausend Mal irgendwo benützt dieses Klischee und doch trifft's hier mal wieder den Stick auf die Snare. Das Stück ist so ohrwurmig radiotisch, dass es unbedarfte PINEAPPLE THIEF-Hörer glatt auf 'ne falsche Fährte locken könnte. Nach 'nem schön abruptem Ende führt Track 2 auf RADIOHEAD-Pfade. Zwischen leicht schrägen Tönen ab und an und eingängigem Refrain, ab Minute Vier kurz scheppernd-krachig, gegen Ende mit 'nem Brummton der - hast du nicht gesehen - dich in Stück 3 führt. Das könnte auch gut der zweite Teil von Stück 2 sein übrigens.

Mit dem knapp 9-minütigen Instrumental West Winds zeigt sich die Band das erste Mal ausufernd psychedelisch-artrockig. Erster großer Höhepunkt für mich hier. Trockene Toms, blubberige, unterschwellige Keys-Klänge für den Psychoeffekt, ruhige und lautere Teile - die Herren können's einfach. Stück 5 und schon das Vorletzte machts noch mal balladig-schleppend.

Und dann kommt der Longtrack aller Longtracks, den die Ananas-Diebe bisher vorgelegt haben (und da gibt es ja einige). Siebenundzwanzigeinhalb Minuten (für eilige Leser 27 ½ ). Ein Echolot (nein - kein Pink-Floyd-Gedächtnis-Echoes-Echolot) und düster schwellende Keyboardklänge leiten ein, bevor dann die Band die Sau rauslässt. Mit schwer stampfenden Drums und dunkel riffenden Gitarren scheint's also erstmal ein Heavy-Monster zu sein. Bleibt natürlich nicht so. Das Mellotron schaut wieder rein, dazu gibt's Geräusche wie in dem alten Science Fiction B-Movie Formicula, wenn die mutierten Riesenameisen erscheinen. So 'nen flirrenden Ton liessen die Viecher immer ab, kurz bevor sie kopfwackelnd auf der Leinwand erschienen. Also ja, äh, diesen Ton jedenfalls hör ich da ab und an. Balladige Teile kommen natürlich auch, das Stück bricht wieder ab und zieht wieder an und bevor ich euch die ganze knappe halbe Stunde nun runterbete sag ich - selber hören !

PINEAPPLE THIEF ist moderner Art-Rock wie er für mich Zukunft hat. Genug Melodie und Songs, um auch mal den an leichtere Kost gewöhnten Hörer zu erwischen, genug Experiment und Modernität in der Wahl ihrer Mittel, um als Up-to-date Art-Rock Band gelten zu können. Genug Eigenständigkeit und Wiedererkennungswert auf den sechs bisherigen Alben, genügend Neugier, so dass man nie so ganz genau weiß wo der Schwerpunkt denn beim nächsten Mal liegen wird.

Und genug Emanzipation von den anderen großen PT, mit denen sie zu Anfang ihrer Karriere aber auch permanent verglichen wurden. So drehen sie Steve Wilson längst 'ne Nase. Wo der seine Porcupine Tree im Bretter-Schmetter Hartgewerbe inzwischen zu verorten sucht und dabei den guten Geschmack verloren hat, bleibt Bruce Soord einfach der Ästhet mit dem Popappeal, der Experimentierer mit dem Gefühl für das Besondere. Geiles Album einer Band, die längst zu meinen Lieblingen im heutigen Prog'n Art Rock gehört. Kaufen bitte ! Und gleich die anderen fünf Vorgängerscheiben dazu.

Jürgen Gallitz-Duckar, 04.12.2007

 

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