“The most definitive and complete set of The Yardbirds BBC appearances to date“, verkündet der Sticker auf dem sehr wertig und stabil gemachten Pappschuber, der die beiden Doppel-CDs plus ein fettes Booklet birgt. Drei der Silberlinge dokumentieren dabei die Zeit, als Jeff Beck der Mann an der Lead-Gitarre war, während auf dem vierten dessen Nachfolger Jimmy Page federführend ist. Bekanntlich wollte der seine künftige Band zunächst als THE NEW YARDBIRDS vermarkten.

Vor ein paar Jahren wurde mit “Live At The BBC 1965 – 1968“ schon einmal ein Anlauf unternommen, diese Zeit zu dokumentieren, aber hier hat man jetzt offensichtlich Nägel mit Köpfen gemacht,

Bekanntlich war es ihrem Gitarristen Eric Clapton spätestens mit For Your Love zu poppig geworden und bevor er das Weite suchte, schlug er noch seinen Kumpel Jimmy Page vor, der zu dem Zeitpunkt allerdings so glücklich mit seiner Session-Arbeit war, dass er wiederum Jeff Beck empfahl und dieser übernahm im März 1965 den Staffelstab. Obwohl dieser aus einem ähnlichen musikalischen Background wie Clapton kam, ging dieser das teilweise deutlich experimenteller an. Was Beck bei Berry's Boogie (der später zu Jeff's Boogie werden sollte) vom Stapel lässt, darüber dürften die meisten Gitarristen zu der Zeit nur ahnungslos den Kopf geschüttelt haben.

Die Aufnahmen wurden allesamt nochmals ordentlich aufbereitet, aber transportieren natürlich den Charme der mittleren 1960er Jahre. Das klingt also noch relativ rau und ungestüm. Dennoch, I'm Not Talking, vom 22. März 1965, aus der Sendung “Top Gear“, klingt – gerade in diesem Mono-Sound – so dermaßen voller Elan, man kann es sich kaum besser vorstellen. Viele Songs sind natürlich mehrfach vorhanden. Es musste ja in jeder Sendung immer alles live gespielt werden. Und angesagt. Da wird I Ain't Done Wrong dann auch schon mal als I've Been Wrong angekündigt.

Zwischendurch gibt’s immer mal kleine Interview-Schnippsel. Da gibt Paul Samwell-Smith auch unumwunden zu, dass bei For Your Love ein Session-Musiker den Bass gespielt hat.

Woher AEROSMITH Train Kept A Rollin' Arrangement haben, wird hier überdeutlich und das von Samwell-Smith und Jim McCarty geschriebene Still I'm Sad gehört wohl zu den innovativsten Songs aus der Zeit. Man kann anhand der Aufnahmen hören, wie sich die Band – aber auch die Technik – rasch weiterentwickelte. Allen voran Jeff Beck, der förmlich vor Ideen sprühte. Die dritte CD legt hiervon Zeugnis ab. Obwohl nicht von ihm geschrieben, übernahm er für seine bald startende Solo-Karriere Shapes Of Thing. Hier gleich mehrfach vertreten und immer eine Sternstunde, wenn Beck zum Soloteil ansetzt. Da ist nur schade, dass die Songs in ihr zwei bis drei Minuten-Schema eingepfercht sind.

Kurzzeitig waren ja Jeff Beck und Jimmy Page bei den YARDBIRDS, letzterer da am Bass. So ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass bei Rack My Mind, in der Sendung “Easy Beat“, am 11. Juni 1966, Jimmy den Bass spielte. Kurz darauf übernahm er den Lead-Gitarristen-Job und ist auf der vierten CD zu hören. Am deutlichsten auf dem von Page selbst geschriebenen Think About It und natürlich bei Dazed And Confused, welches bei seiner NachfolgeBand LED ZEPPELIN zu großen Ehren kommen sollte. Aber das ist eine andere Geschichte.

Die Geschichte der YARDBIRDS lässt sich anhand dieser Box, zumindest was die Aufnahmen bei Sendungen der BBC angeht, sehr gut verfolgen. Nicht zuletzt auch durch ein hochinformatives 66-seitiges Booklet und die beiden Jewel-Cases haben jeweils auch noch ihr eigenes, 14-seitiges Beiheft. Da hat sich jemand richtig Arbeit gemacht. Und dass diese Zeit und Mühen investiert wurden, spricht auch für den Stellenwert, den THE YARDBIRDS heute immer noch haben.