Tim Lee No Discretion, Paisley Pop, 2004 |
Tim Lee | Vocals, Guitars | |||
Mark Wyatt | Organ, Piano, Accordion, Electric Piano | |||
Susan Bauer Lee | Bass, Hand Clapping, Fuzz Bass | |||
Mitch Easter | Pedal Steel Guitar | |||
John Baker, Barry Hannah, Greg Horne | Guitars | |||
Jeff Bills, Charles David Overton, Jason White | Drums | |||
Don Coffey Jr. | Drums, Tambourine | |||
Neilson Hubbard | Keyboards, Background Vocals | |||
Jimmie Rivers | Tambourine | |||
Paul Noe, Mic Harrison | Background Vocals | |||
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1. I Wanna Believe | 8. Keep Me Down | |||
2. Sure Bet | 9. Rain Came Down | |||
3. Across the Tracks | 10. More Or Less | |||
4. Speak Up Girl | 11. With A Whisper | |||
5. No Discretion | 12. Felt Like... | |||
6. New Hope | 13. The End Of Time | |||
7. Things Get Broken | ||||
Einige der verwegenen Insider innerhalb unserer Leserschaft werden wissen, dass Tim Lee schon vor zwanzig Jahren mit den in gewissen Kreisen legendären WINDBREAKERS musizierte und sich so eine kleine aber feine Gefolgschaft erspielte, die ihn bis heute als Songwriter und Gitarristen mit Kultstatus betrachtet.
Tim Lee selbst zeigt sich tatsächlich überrascht, wenn jüngere Musiker seine verblichenen WINDBREAKERS als ernstzunehmenden Einfluss benennen. Unglücklicherweise mündete diese durchaus hohe Akzeptanz bei Musikern, die sich durch die Gitarrenbands der Achtziger beeinflusst sehen, nicht unbedingt in entsprechend hohen Albumverkäufen, so dass sich Tim Lee bis heute mit seinem Independent-Status zufrieden geben muss. Was die Liebhaber des sogenannten gitarrenorientierten Power-Pop keineswegs stören wird, denn je höher der Grad der Unabhängigkeit desto freier, fruchtbarer und konsequenter die Umsetzung der angestrebten musikalischen Ziele.
Nachdem Tim Lees erstes Soloalbum ("Time will tell") bereits 1988 erschien und mit wohlwollendem Kritikerlob bedacht wurde, folgten 1989 und 1991 zwei weitere Veröffentlichungen, bevor Lee es Mitte der Neunziger vorzog eine Schaffenspause einzulegen, die er dann 2002 mit seinem vierten Solowerk "Under the house" beendete.
Konnte man "Under the house" noch halbwegs zielgerichtet den leicht diffusen Weiten des Americana bzw. Roots-Rock zuordnen, präsentiert sich Tim Lee auf seinem brandneuen Opus als gestandener Rocker, der die akustischen Gitarren aus seinem Repertoire verbannt hat, um mit quengelnden und zerrenden E-Gitarren einen absolut vintage, um nicht zu sagen rauen, Sound vorzulegen, der mit dem manchmal schludrigen, aber immer ehrlich gemeinten Garagenband-Status liebäugelt.
Entsprechend unbehauen und anfänglich auch etwas spröde daherkommende Songs, meistern ihren Weg zum Herzen des Hörers, durch ihre unaffektierte und entwaffnende Unbefangenheit im Umgang mit Komposition und Sound.
Wie es sich für diese Art von Rockmusik gehört, wurde der Grossteil des Songmaterials live im Studio eingespielt und bestätigt durch eben jenen Ansatz den erhofften und gewünschten Effekt, nämlich die packende und unmittelbare Präsenz einer mit Enthusiasmus arbeitenden Band. Die fehlende technische Brillianz wird durch verschwitzten und kumpelhaften Charme ausgeglichen. Sehr sympathisch.
Die Tatsache, dass Tim Lee sich verschiedenster Studios und diverser Produzenten bediente, u.a. Mitch Easter (R.E.M., PAVEMENT) und Don Coffey (SUPERDRAG), wirkt sich keineswegs negativ aus. Denn von Zerissenheit oder mangelnder Orientierung darf hier zu keiner Sekunde geredet werden, dafür waren sich alle Beteiligten wohl zu einig. Einig in dem Ziel eine unprätenziöse Rockplatte zu schaffen, die dem Liebhaber des traditionellen Songwritings eigentlich gefallen muss, denn hier ist kein wirklich schlechter Titel zu finden.
Gewöhnungsbedürftig sicherlich Tim Lees knarzige Un-Stimme, die sich irgendwo zwischen Steve Wynn und Lou Reed einpendelt, aber im Laufe des Albums eine gekonnte Allianz mit den Gitarrenbreitseiten eingeht.
Der eine oder andere Track erinnert in der Tat ein wenig an frühe R.E.M., Parallelen zu oben erwähntem Steve Wynn sind ebenfalls unverkennbar, ein Hauch von Rich Hopkins weht herüber und die dem Glam-Rock der Siebziger nicht unähnliche Nummer Speak up girl, hätte ein Ian Hunter sicherlich auch in seinem Programm unterbringen können.
Einem kurzen Abstecher in längst abgehakte Americana-Zeiten (New hope) folgen wieder solche omnipräsenten Rocker wie Keep me down oder der psychedelische Midtempo-Stomper Rain came down.
Ähnlich wie beim kürzlich besprochenem ROSAVELT Album, eine Angelegenheit die mit wachsender Lautstärke an Reiz gewinnt, weil eine rundum gelungene Rockplatte eben laut gehört werden will.
Tim Lees "No discretion" geht keine Kompromisse ein. Hier wird nicht grosskotzig gegaukelt, sondern im Rahmen der vorhandenen Möglichkeiten gute Arbeit abgeliefert. Und die hinterlässt Zufriedenheit.