Tinsley Ellis Midnight Blue, Heartfixer Music, 2014 |
Tinsley Ellis | Guitars, Vocals | |||
Kevin McKendree | Organs, Pianos | |||
Lynn Williams | Drums, Percussion | |||
Ted Pecchio | Electric and Acoustic Bass | |||
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01. If The River Keeps Rising | 06. The Only Thing | |||
02. Mouth Turn Dry | 07. Peace And Love | |||
03. Surrender | 08. Harder To Find | |||
04. It's Not Funny | 09. That's My Story | |||
05. See No Harm | 10. Kiss Of Death | |||
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Man kann jetzt eigentlich schlecht sagen: “Der Mann wird mit den Jahren immer besser“, denn tatsächlich war Tinsley Ellis schon immer ein hervorragender Blues-Artist. Der in Atlanta geborene Gitarrist/Sänger geht nun auch schon stramm auf die 60 zu, was aber noch den wenigsten Bluesern geschadet hat.
Geschadet hat es Ellis auch nicht, dass der Vorgänger zu “Midnight Blue“ (den Titel finde ich jetzt, ehrlich gesagt, nicht so “innovativ“) ein reines Instrumentalalbum war, den der Kollege Ipach war voll des Lobes über “Get It!“. Trotzdem ist mir ein Album mit Gesang lieber, zumal, wenn es sich um so eine herrlich bluesig-raue Stimme, wie die von Ellis handelt.
If The River Keeps Rising startet akustisch, wie ein ursprünglicher Delta-Blues. Akustikgitarre und Ellis‘ nahezu “schwarzer“ Gesang. Sobald das Schlagzeug das Zeichen gibt, steigen Bass und E-Gitarre zu einem herrlich stampfenden Heavy-Blues ein, über dem eine heulende Slide-Gitarre die Gefahr des steigenden Flusses verkündet. Ganz sachte gesellt sich auch noch Kevin McKendrees Orgel hinzu, was die “Wetterfront“ so richtig massiv werden lässt. Guter Einstieg, der sich ruhig noch etwas länger hätte hinziehen dürfen.
Bei Mouth Turn Dry geht’s in einen schmissigen Boogie, bei dem erneut Tinsleys tolle Blues-Stimme auffällt. Hier passt alles, nichts klingt überzogen, man merkt einfach, dass hier eine über Jahre eingespielte und homogene Band agiert. Auch hier könnte ich länger, als die knapp fünf Minuten Songlänge zuhören.
Das kommt vielleicht noch deutlicher in Surrender zum Vorschein. Eine Nummer, die man sich auch gut beim aktuellen Joe Cocker vorstellen könnte. Locker groovend, etwas zurückhaltend, eingängiger Refrain, eher softer und leicht jazzig angelegt. Die Kunst von Ellis ist, dass das trotzdem nicht ins banal-poppige abdriftet, sondern spannend bleibt, eine gewisse “Grundleidenschaft“ beibehält, die ich ähnlich auch bei Mitch Ryder öfter gehört habe.
Ellis mag es nicht witzig finden, aber ich finde It’s Not Funny eine absolut Spaß machende Nummer, die man im Großraum New Orleans ansiedeln kann. Da fällt mir sofort Marcia Ball, die ein ähnlich treibendes Piano spielt und bei Ellis‘ Slide-Spiel ist eine deutliche Verwandtschaft zu Sonny Landreth zu hören. Da braucht’s keine weiteren Worte, oder?
Der “Late-Night-Bar-Blues“ See No Harm hat eine kleine Ähnlichkeit zu It Hurts Me Too, wird überwiegend von McKendrees Piano dominiert, während Tinsley mit ausdruckstarker und – ich muss es erneut erwähnen – hervorragender Blues-Stimme überzeugt. Da stehen sogar mal seine Gitarren-Einwürfe dahinter zurück.
Um wieder Schwung reinzukriegen, eignet sich ein Boogie wie The Only Thing bestens. Das stampft erneut prächtig, erinnert ein bisschen an Gary Moore zu dessen späten Blues-Tagen, wozu auch Peace And Love passt, wobei das mehr einen funky Touch hat. Bleibt aber trotzdem gut geerdet und groovt perfekt. Es macht wirklich durchgehend Spaß, dieser Band zuzuhören!
Harder Find gibt sich leicht sphärisch, unterschwellig grummelnd, sachte brodelnd… und lässt mich, in seiner aufbauende Intensität erneut an Mitch Ryder denken. Nicht gleich aufgeben – der Song entwickelt sich!
That’s My Story geht zum einen Richtung Texas Blues und zum anderen hat es eine entfernte Ähnlichkeit zu Nick Lowes Switchboard Susan. Ein kerniger Rocker, ohne Geschwindigkeitsrausch.
Mit Kiss Of Death hat das Album seine längste Nummer. Knapp über sieben Minuten Slow-Blues ist nicht unbedingt mein Ding, aber Tinsley Ellis setzt Stimme und geschmackvolle Gitarren-Licks dermaßen gut und punktgenau, sodass man mit schmerzlich-verzücktem Gesicht dieser Story lauscht und gespannt dem Vortrag lauscht. Viele andere Gitarristen würden hier fraglos übertriebene Gitarrenorgien drüber abfeiern. Das hat Ellis nicht nötig und auch hier überzeugt er mit Stil und Geschmack, ohne die “Blues-Grundierung“ zu verlieren.
“Midnight Blue“ ist erneut ein ganz starkes Album des Südstaaten-Bluesers, der, so keim in mir der Verdacht, mit dem Alter doch immer besser wird.