Frank Carillo

Wesel, Karo, 20.01.2006

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Konzertbericht

Reviewdatum: 20.01.2006

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Redakteur(e):

Frank Ipach


Wesel, Karo, 20.01.2006

Ich hab's geahnt, nein, ich hab's gewußt... Tage vor dem Frank Carillo-Gig in Wesel wuchs meine Vorfreude, denn ich war mir schließlich sicher, ein geiles Konzert zu erleben. Und tatsächlich, eins meiner besten Clubkonzerte ever.
Carillo selbst ist zwar nicht grad der Showman extraordinaire, aber seine Band rockt dermassen stilsicher ab, dass es dem Hörer und Zuschauer wohlige Schauer den Rücken hinunterjagt. Vorausgesetzt natürlich, man besitzt diese gewisse Affinität zu gutem alten Rock, Rhythm'n'Blues und Roots-Rock unterschiedlichster Couleur. Große Mätzchen gab's nicht zu bestaunen, just another shot of Rock'n'Roll. Immerhin darf Carillo als sogenannten Blickfang auf einen aussergewöhnlichen Percussion-Spieler und einen Bassisten mit Stand-Up Bass vertrauen.
Das Publikum im Saal war sich absolut einig, denn nach dem Konzert sprach ich mit so einigen Leuten, mit anwesenden Musikern, echten Musikfreaks und sogenannten 'normalen' Musikliebhabern, und alle waren der einhelligen Meinung, ein vorzügliches Konzert erlebt zu haben.

Das KARO in Wesel war, ist und bleibt eine Topadresse für handgemachte Qualitätsmusik. Das zeigt auch die Auswahl der Supporting-Acts. Der stadtbekannte und überaus versierte Gitarrist Frank Schut bewies mit seinem Kumpel finnischer Abstammung (den ich leider nicht kannte), dass man mit zwei Gitarren und ein wenig Gesang durchaus eine prickelnde Atmosphäre schaffen kann. Cashs Ring of fire erwies sich in der dargebotenen Version zwar als etwas sperrig, will sagen gewöhnungsbedürfig. Aber dafür kamen Stephen Stills' 4+20 und der finnische Instrumental-Tango sehr gut rüber.

Frank Carillo Als dann Carillo mit seinen BANDOLEROS die Bühne enterte, gab's im überschaubaren Konzertsaal für die ca. 80 Anwesenden noch genügend Luft zum Atmen. Knapp zwei Stunden später kehrte sich dies fast ins Gegenteil um.
Das KARO bietet diese typische intime und gemütliche Atmosphäre, (die aber dann auch sehr stickig werden kann) die das Überspringen der musikalischen Funken von der Bühne auf die Zuschauer (und umgekehrt) weitestgehend begünstigt.
Zum Glück bietet das KARO immer einen recht ausgewogenen Sound, weil die Bedienung der kleinen, aber feinen Beschallungsanlage meist in den richtigen Händen liegt. Also standen die Voraussetzungen auch an diesem Freitag mal wieder günstig.

Frank Carillo Frank Carillo brachte seine angestammten Begleiter Karl Allweier (Bass), Norman Del Tufo (Percussion) und Eddie Seville (Drums) mit auf die Bühne und präsentierte als Sahnehäubchen seinen kleinen Bruder Andrew Carillo, der an diversen elektrischen und akustischen Gitarren zu glänzen wußte, und offenbar seinem großen Bruder Frank locker das Wasser reichen konnte. Witzig war, dass einige der Zuschauer, der Meinung erlagen, Andrew sei Frankies Sohn. Denn der kleine Carillo sah, verglichen mit dem 55-jährigen Bruder, weitaus frischer aus. Die Damen im näheren Umkreis verliehen ihm postwendend den Titel des 'sweetest guy on stage'.
Mit dem Titelsong seines hervorragenden aktuellen Albums "Bad Out There" eröffnete Frank die Weseler Show und zeigte gleich allen Fans, wie ein geiler und kompromißloser Gitarrensound klingen muß. Die Gitarristen im Publikum (mich eingeschlossen) gingen natürlich beim Anblick der perlmuttfarbenen Gretsch sofort in die Knie. In der Tat eine feine Gitarre für Auge und Ohr. Die relativ enge Bühne machte zwar in der Folge das ständige Gitarren-Wechselspiel (die beiden Carillos stiegen wirklich häufig auf unterschiedliche Modelle um) zur Tour-de-force, doch der Gitarrenroadie hatte offenbar alles im Griff.

Frank Carillo Carillo und seine BANDOLEROS knallten sämtliche Highlights des Albums in die entzückte Meute und die Frage nach Piano bzw. Keyboardbegleitung, die ich Frank zu Beginn des Jahres in unserem Interview stellte, erübrigte sich spätestens nach 3 Minuten. Wofür Keyboards? No chance, baby...
Absoluten Spass bereitete auch der Anblick des wühlenden und aufopferungsvoll arbeitenden Percussionisten Norman Del Tufo, der sein reichhaltiges Sammelsurium an Schlaginstrumenten mit köstlicher Akribie und Hingabe beackerte. Ein echter Könner im Stile eines Ray Cooper.
Neben all den "Bad Out There"-Albumtiteln zauberte die grandiose Combo auch den einen oder anderen mir unbekannten Song aus dem Hut, wobei die starken Background-Vocals des Drummers und des Bassisten das Bild eindrücklich abrundeten.

Frank Carillo Als dann das Ende des Gigs mit einem freundlichen Gedanken an den tags zuvor verstorbenen Wilson Pickett eingeläutet wurde und die Band sich ihm zu Ehren Chuck Berrys Reelin' and rockin' auf die Fahnen schrieb, war's um das Publikum geschehen. Da wackelten aber einige Dutzend Ärsche, Hüften und Köpfe.
Der Zugabenteil, der mit einer Akustiknummer (keine Ahnung mehr welche) zum Verschnaufen begann, mündete schließlich in einem Rock'n'Roll-Feuerwerk erster Güte, wobei Carillos Version von Highway 61 revisited selbst His Bobness oder auch Johnny Winter anerkennendes Staunen abgerungen hätte.

Ein fabelhaftes, energiegeladenes und stimmungsvolles Konzert, das nach einer baldigen Neuauflage schreit. Und wer meint, John Hiatt, Tom Petty, Bruce Springsteen oder John Mellencamp seien die Protagonisten dieses Genres, darf sich ab sofort einen neuen Namen ins Notizbuch schreiben. Viva Frank Carillo And The Bandoleros.

Frank Ipach, 20.01.2006

 

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