Wheeler Brothers Portraits, Blue Rose Records, 2013 |
Patrick Wheeler | Drums, Percussion | |||
Tyler Wheeler | Bass | |||
Nolan Wheeler | Vocals, Lap Steel, Electric & Classical Guitar, Banjo, Violin | |||
Danny Matthews | Vocals, Electric Guitar, Melodica | |||
Mark Hallman | Accordion, Pump Organ, Folding Chair | |||
Shane Pitsch | Trumpet | |||
Raul Vallejo | Trombone | |||
Chris Wright | Cello | |||
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01. Long Hard Road | 08. Save The Nightly (Too Young) | |||
02. Mississipi | 09. Focus | |||
03. Home For The Holidays | 10. Spent Time | |||
04.Jersey | 11. Ghost In The Valley | |||
05. Call Me In The Morning | 12. Sleep When I'm Dead | |||
06. Portraits | 13. Broken Down Side Show | |||
07. Just Another City | ||||
WHEELER BROTHERS kommen aus Austin, Texas und sind spätestens seit sie bei den Austin Music Awards im vergangenen Jahr 5 Preise eingeheimst haben, schwer im Kommen. Den Kern des Line-Ups bilden tatsächlich 3 Brüder. Dazu kommen 2 weitere Musiker, die beide auch Leadvocals singen - 3 Sänger also bei den Wheeler Brothers. Ihr nächstes Album "Gold Boots Glitter" erscheint in einigen Wochen, da bespreche ich mal lieber schnell noch das Debüt:
WHEELER BROTHERS spielen einen stilistisch auf Anhieb sehr eingängigen Crossover aus Rock (mit mehr oder minder ausgeprägten Indierock-Anteilen, ich weiß: "Indierock" ist an sich ein Deppenwort, aber alle benutzen's!), Country und Folk. Amerikanische Musik, Leute! Es gibt eine Menge Gruppen, die in diesem Dreieck oder einem ähnlichen Dreieck operieren. Werden WHEELER BROTHERS es schaffen, aus dieser Masse herauszuragen? Keine Ahnung.
Live ist diese Band garantiert eine Bank. Man kann davon ausgehen, daß diese Platte einen Querschnitt ihres Bühnenprogramms bringt, denn so klingt sie: Angenehm nicht-überproduziert, direkt, sympathisch-ehrlich, trotzdem aufgeräumt und transparent. Die instrumentalen und gesanglichen Qualitäten der Musiker sind über jeden Zweifel erhaben, und obwohl dies alles sehr junge Leute sind, strahlt das Material eine erstaunliche Abgehangenheit und Souveränität aus.
Und abwechslungsreich ist "Portraits" auch noch... z.B. Mississipi, mein Lieblingsstück, eine Country-Rock-Nummer mit stark synkopiertem Grundriff. Da packen die Gitarren freundlich aber bestimmt zu und schubsen uns lächelnd die alte Holztreppe runter. Immer wieder hält der Song inne, man hört Glockenspiele, eine Lap Steel, eine heulende Slidegitarre, ein Banjo, und all das ist so gut arrangiert und gesetzt, daß das Wenige an kompositorischem Material nicht nur ausreicht, sondern mit fortschreitender Dauer des Songs nach mehr klingt, als es ist!
Home For The Holidays wartet mit einer zweistimmigen Gitarrenpassage auf, die nach Mariachi-Trompetern klingt, macht im Refrain ordentlich Dampf, und die Sänger schmettern die Titelzeile, so daß man sich fast an die hemdsärmelig-trunkene Hymnenseligkeit mancher TRAIL OF DEAD-Stücke erinnert fühlt - freilich ohne daß die WHEELER BROTHERS deren brachiales Pathos erreichen, aber darum geht es ja auch nicht.
Das Titelstück ragt ebenfalls heraus: Makelloses Country-Folk-Picking über shuffelnd mit Besen bearbeiteter Snare, eine gefühlvoll gespielte Pedal Steel, die dezente Hintergründe malt, genau der richtige Schuß Abschiedsmelancholie ("I need no witnesses to bury this old house.") - und dann wieder einer, dieser Parts, in dem die E-Gitarren unsisono mit den Drums markante Akzente setzen. Der Song hat eine lange, instrumentale Coda, in der er sich in ein veritables Stück Rockmusik verwandelt, und er klingt mit "Huhu"-Chören und der schon vetrauten, gezupften Westerngitarre aus. Das ist (zumindest mir) eigentlich schon zu charmant, auch wenn ich vermute, daß dieses Stück live eine Szenenapplaus-Nummer sein wird.
Das kleine Problem, das ich mit den WHEELER BROTHERS habe, ist: Sie sind mir einfach den kleinen Tick zu nett. Wozu brauche ich die WHEELER BROTHERS, wenn ich eine Band wie WILCO habe (mit denen man WHEELER BROTHERS durchaus vergleichen kann, was gewisse Äußerlichkeiten angeht), die mir eben nicht nur amerikanischen Rocksound sondern eben auch die innere Zersplittertheit gestandener Waldschrate wie Jeff Tweedy ins Haus schafft? Die sich wiederum in musikalischen Untiefen, Brüchen und Experimenten äußert? All das kann man bei WHEELER BROTHERS lange suchen. Es muß ja auch nicht jeder so unterwegs sein, aber bei mir ist eigentlich schon alles besetzt, was WHEELER BROTHERS mit Claims betackern könnten - auch wenn es in Focus für einen Moment losschraddelt wie Nels Cline.
Oder Ghost In The Valley: Spanische Lyrics, Dreivierteltakt, ein Akkordeon... Man denkt an CALEXICO, aber die würden nie so einen offensichtlichen Crowdpleaser und Showtune draus machen, sondern viel subtiler und abgründiger an die Sache rangehen. Aber es gibt da draußen eine Menge Leute, die wollen genau so bedient werden und sind von CALEXICO eher gelangweilt und von WILCO eher angestrengt. Insofern kommen auf WHEELER BROTHERS, schätze ich mal, ganz gute Zeiten zu.