Wer sagt eigentlich, dass nur das Wochenende zum feiern da ist? Zumindest mal fühlte sich dieser Montag-Abend im Wiesbadener Schlachthof eher wie ein Freitag oder Samstag an, denn die amerikanischen Stoner Rocker CLUTCH starteten an diesem Abend hier ihren Winter-Teil der “Book Of Bad Decisions“-Tournee. Und da solche Feiern alleine auch keinen Spaß macht, hatten sie nicht nur rund 1.700 Zuschauer angelockt, sondern gleich auch noch zwei extrem spannende Support-Bands aus Schweden mitgebracht.

Den Auftakt macht bereits kurz nach dem Einlass das experimentelle ausgerichtete Jam-Rock-Trio KAMCHATKA. Und mit ihrer Spielfreude und ihrer stark Blues-basierten Musik können Per Wiberg (Bass), Thomas Juneor Andersson (Gesang & Gitarre) und Tobias Strandvik (Schlagzeug) die zu diesem Zeitpunkt noch recht überschaubare Zahl der Zuschauer schnell für sich gewinnen. Das mittlerweile siebte Album der Band - namens “Hoodoo Lightning“ - ist zwar noch gar nicht erschienen, aber das hindert die Gruppe natürlich nicht daran, auch aktuelles Material in die Setlist einzustreuen.

Leider steht der Band nur eine knappe halbe Stunde Spielzeit zur Verfügung, aber da holt die Band nahezu das Optimum raus. Andersson zeigt sich dabei insbesondere als leidenschaftlicher und versierter Gitarrist, Wiberg und  Strandvik grooven dazu wie ein fein abgestimmtes Uhrwerk, so dass die Musik eine sehr leidenschaftliche und mitreißende Wirkung entfaltet. So dürfen sich KAMCHATKA dann auch am Ende über entsprechenden Applaus und später am Merch-Stand über etliche Glückwünsche für eine gelungene Show freuen.

Anschließend dürfen ihre Landsmänner von GRAVEYARD ran. Passend zu ihrem dunkel anmutenden Namen wird es nun auch auf der Bühne deutlich düsterer, so dass man die Gesichter der Musiker kaum einmal wirklich zu Gesicht bekommt. Dafür versenken sich die Musiker ganz tief in ihren sehr klassischen Heavy Rock und lassen den Sound und die Songs für sich sprechen.  Und auch wenn man die Lieder vielleicht nicht immer gerade als besonders zugänglich bezeichnen kann, so versteht es die Band doch das Publikum von der ersten Minute an zu fesseln.

Das Quintett bekommt mit rund 50 Minuten ordentlich Spielzeit, von denen sie auch reichlich Gebrauch machen und weitgehend auf Ansagen oder Ansprachen verzichten - frei nach der alten Devise „let the music do the talking“.Und das klappt dann auch sehr gut, wie man an der schon deutlich gesteigerten Reaktion des Publikums ablesen kann. So machen „Satan‘s Finest“ auch dann noch Spaß, wenn man vielleicht nicht immer mit ihren stellenweise ja doch recht komplexen Sounds vertraut ist. Auf jeden Fall hinterlassen GRAVEYARD einen starken Eindruck und ein bestens aufgewärmtes Publikum für den Headliner.

CLUTCH lassen sich dann zwar etwas bitten, legen dann aber ab 21:45 Uhr ordentlich los. Und sie präsentieren dabei auch einige Überraschungen. Der Opener Subtle Hustle wurde schon seit einigen Jahren nicht mehr live präsentiert – und das gleich gilt dann auch für das folgende (Notes from the Trial Of) La Curandera. Insgesamt betrachtet ist es schon eine sehr ausgewogene Setlist, die CLUTCH an diesem Abend bieten. Im Mittelpunkt stehen natürlich das aktuelle Werk “Book Of Bad Decisions“ aber auch das 2004er Werk “Blast Tyrant“, die mit jeweils vier Liedern repräsentiert sind. Aber nahezu jedes der bisher erschienenen Alben der Band ist mit wenigstens einem Song vertreten, so dass auch die  Freunde der Anfangstage auf ihre Kosten kommen.

Auf der Bühne passiert zwar von der Action nicht allzu viel – insbesondere Gitarrist Tim Sult und Bassist Dan Maines sind mir manchmal einfach etwas zu passiv. Dies nutzt dann Frontmann Neil Fallon und füllt die Bühne mit seinem Aktionsradius und seinem Charisma und seiner Stimme. Nur wenn er bei einigen Songs zur Gitarre greift, dann merkt man wirklich wie statisch der Rest der Band eigentlich ist. Aber zumeist fällt das nicht ins Gewicht, zumal die Band natürlich mit Knallern wie In Walks Barbarella, X-Ray Visions, Burning Beard, How To Shake Hands sowie dem CREEDENCE CLEARWATER REVIVAL-Klassiker Fortunate Son mächtig punktet und das Publikum spätestens ab der Mitte des Sets nachhaltig auf seine Seite bringt.

Nach knapp unter 90 Minuten Konzertzeit beschließt die Band mit Mice And Gods einen gelungenen Konzertabend, der den Zuschauern nach den glücklichen Gesichtern zu urteilen große Freude bereitet hat. CLUTCH haben sich wirklich gut präsentiert und deuten mit ihrem Stilwandel vom reinen Stoner Rock zu einem dem Classic und Blues Rock offenstehenden Sound an, dass sie in Zukunft wohl auch noch größere Menschenmassen für ihre Musik begeistern werden können. Und GRAVEYARD sowie KAMCHATKA haben sich mit ihren Auftritten ebenfalls nachdrücklich als starke Live-Bands präsentiert.

Aus Sicht des Reporters, der auch die Fotos macht, hält die Veranstaltung leider auch eine negative Überraschung parat. Denn nicht nur werden die zwei Fotografen nach gerade einmal knapp sieben Minuten wieder aus dem Fotograben geholt, sondern auch noch aufgefordert, ihre Kameras aus der Halle zu bringen. Das bedeutet dann, dass man – je nachdem wo der Wagen steht – mindestens zwei oder drei Songs des Gigs verpasst. Eine Vorgabe, die an Lächerlichkeit kaum zu überbieten ist, zumal es offenbar niemanden stört, dass quasi die ganze Zeit aus diversen Richtungen mit Handykameras geblitzt oder gefilmt wird.

An dieser Stelle noch ein herzlicher Dank an Niels Andersen von Oktober Promotion für die Akkreditierung.

(Fotos: Marc Langels)

Setlist CLUTCH:
01. Subtle Hustle
02. (Notes From The Trial Of) La Curandera
03. 50.000 Unstoppable Watts
04. A Good Fire
05. Pure Rock Fury
06. The Face
07. The Regulator
08. Cypress Grove
09. In Walks Barbarella
10. Fortunate Son
11. X-Ray Visions
12. D.C. Sound Attack!
13. Willie Nelson
14. Burning Beard
15. Gimme The Keys
16. How To Shake Hands (Zugabe)
17. Electric Worry (Zugabe)
18.Mice And Gods (Zugabe)

 

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