Beitthemeans

Crude Alabama Storytellers

( English translation by Google Translation by Google )

CD-Review

Reviewdatum: 23.07.2009
Jahr: 2009
Stil: Blues Rock, Southern Trash

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Redakteur(e):

Christian Gerecht


Beitthemeans
Crude Alabama Storytellers, Eigenproduktion, 2009
Josh JonesGuitar, Vocals
Casey WilsonBass
Nathan KelleyDrums
Produziert von: Eric Watters & Beitthemeans Länge: 51 Min 12 Sek Medium: CD
01. Down The River07. The Shots Around Town
02. Mr. Devil And The Black Widow Woman08. Drinking From A Skull
03. The Hillside09. Dirt Road Blues
04. Wicked Well10. Day Of The Dog
05. End Of Time11. Alabama Summer
06. Holy Ghost Girls

BEITTHEMEANS...? ...Bahnhof?! Letzteres kann ich verstehen! Wer denkt schon daran, dass der Süden der USA mindestens so "ver-slangt" ist wie Oberbayern? Der Knoten ist aber relativ einfach zu lösen, denn "Be It The Means" ist nichts weiter als eine Redensart, die für den Redneck in etwa das Gleiche bedeutet, wie "Whatever It Takes" in der Sprache der Yankees und "'s kummt, wia's kummt" auf Bayerisch. Wäre das also gelöst.
Orakeln wir ein wenig weiter: Wenn sich Warren Haynes eine Band für den Support GOV'T MULEs auswählt, dann darf man diese (wenn nicht gerade aus dem Reggae-Bereich stammend ;-)), schon als etwas Besonderes betrachten. So geschehen für Auftritte des Maultiers in Birmingham/AL und Atlanta/GA.
Ohne weiteren Einblick in die Band-Biografie zu haben, lehrt uns das Cover von BEITTHEMEANS um was es im Wesentlichen geht. Sowohl der, auf dem Schild mit Alabamas Fahne verzierte, Bulldozer, als auch der gefallene Engel, sagen eigentlich mehr als tausend Worte. Klappt man dann das Cover der Foldout-CD auf und sieht das amerikanische Abbild von Grimm's Brüderchen (mit Pump Gun) und Schwesterchen (mit Blumensträußlein und Alabama-Fähnchen) zwischen den Maisfeldern stehen, dann gleitet dem Southern Rocker ein breites Grinsen ins Gesicht. Dass ist der Süden, wie er leibt und lebt. Ein Stolz und Patriotismus (der seit der Besiedelung des Südens hoch gehalten und gelebt wird), wie er den Deutschen gänzlich ausgetrieben wurde. Der Schreiber, kein Deutscher, sondern Bayer, kann, obwohl tief blickend, Dixies Stolz und Ehre natürlich nicht bis ins Detail nachvollziehen, aber im Freistaat blitzt dieser positive und unpolitische Nationalismus auch heute immer wieder noch auf. Bayern ist, wie Alabama, frei! Wäre dieser unsägliche Preußisch-Österreichische Krieg (Bayern kämpfte an der Seite der Österreicher nur weil König Ludwig II. dazu genötigt wurde) nicht gewesen, keiner hätte den "Süden" 1871 ins Deutsche Reich gezwungen! Umsomehr ist es KEIN Paradoxon, dass ausgerechnet ein preußischer "Sozi", noch dazu einer mit jüdischen Wurzeln, am 8. Novemmber 1918 Bayern zum Freistaat ausrief! Kurt Eisner hatte es erkannt. Er ging nach Bayern, weil (Zitat) "Die Leute dort viel freiheitlicher gesinnt seien und ihnen die preußische Überdisziplin fremd sei"! Leider fand die hoffnungsvolle Karriere dieses Mannes ein jähes Ende, so dass eine weitere unsägliche Österreichisch-Deutsche Beziehung ihren Lauf nahm. Insofern handelten die Südstaatler (irgendwo sprach ich das schon mal an) wesentlich besonnener als die vom Ehrgeiz zerfressenen, kaisertreuen Deutschen.
Wie gesagt: Ich spreche hier von einem positiven und unpolitischen Patriotismus; dass es hier wie dort auch ganz anders Denkende gibt, lässt sich nicht vermeiden. Das ist nun mal Demokratie... *)
(Vernehmt bitte auch die feine Ironie zwischen den Zeilen!)

Zurück zu BEITTHEMEANS, die sich Birmingham/AL nicht umsonst als "Firmensitz" auserkoren haben; tiefstes Alabama also, Land of Cotton (...old things, they are not forgotten), das Herz Dixies! Mehr Klischees gibt's ja fast schon nicht mehr und man braucht in keinster Weise darüber zu spekulieren, was eine Drei-Mann-Band aus Alabama/Land of Cotton/Herz Dixies für Musik spielt. Reden wir lieber darüber, wie sie spielen.
BEITTHEMEANS haben sich einen einem sehr rauen, wilden, fast möchte man schon "trashig" sagen, Blues 'n' Southern Rock verschrieben. Und demzufolge ist der Titel ihres Debütalbums "Crude Alabama Storytellers" ein Wink mit dem... Betonpfosten... der Brechstange...?! Beides?! Ja, beides! Zudem spart der Bandleader nicht an Eisenrohr und Flaschenhals. Es gibt also auch ordentlich eins auf die Slide-Mütze.

Wie genau dafür gemacht, biegt der erste Track, Down The River, nach einer besinnlichen ersten Minute, schon mal so richtig scharf um die Ecke. "A-ha...", deucht dem Rezensent bei offenem Mund, "...dass kann ja lustig werden...!"
-Und es wird lustig, dass schwör' ich euch liebe Leser; denn die Band stimmt Mr. Devil And The Black Widow Woman an! Mein lieber Herr Gesangsverein, da kocht der Sumpf! Das einleitende Riff ordnet der aufgeweckte Hörer noch LED ZEPP zu, während das Leitmotiv (nennen wir's mal "Leit-Riff") von...
...verdamm' mich, da haben sich die kruden Storytellers doch tatsächlich bei AC/DCs She's Got Balls bedient. So ein Lumpengesindel! Da geben die dem Riff nur ein bisschen mehr Speed und Power und denken "Wird schon keiner merken!"; aber der olle Grisu lässt sich von euch alabamischen Windhunden nicht aufs Kreuz legen! Da müsst ihr schon ein bisschen früher aufstehen...!
Natürlich kann man den drei Jungen's darüber nicht böse sein, denn der absolut geile Refrain "Hey Mr. Devil, calling my name, just take the Midnight-Train to Mississippi..." macht alles wieder wett und ist ein Brüller, wie er nur aus Alabama kommen kann. Die ganze Nummer: Eine knallharte Granate! Damit hätten die Grauröcke anno Schlagmichtot Sherman und Grant bis hinter Alaska gejagt...*)

Und es geht munter weiter: The Hillside und vor allem Wicked Well sind zwei gnadenlose Power-Rocker, die nur noch Staub und Dreck hinterlassen. Vor allem Wicked Well kann punkten ohne Ende, denn die Nummer basiert nicht nur auf einem schleppend-dreckigen Blues, sondern hält auch ein paar witzige Hall- und Distortions-Geräusche parat!
Wer nun meint, dass der verhaltene Beginn des ersten Longtracks End Of Time eine kleine Ruhepause mit sich bringt, der sieht sich, zumindest ab Minute 1:40, aufs heftigste getäuscht. Die Nummer brilliert eben gerade durch diese (wiederkehrenden) Tempi-Wechsel, wobei die getragenen Momente dem Hörer ein gewisses Maß an Sicherheit suggerieren, während die, wie Feuer und Zunder hereinbrechenden Parts das Gefühl vermitteln, wie Marion Crane (in Hitchcock's "Psycho") unter der Dusche zu stehen und die ersten Stiche abzubekommen...
Mit Holy Ghost Girls kehrt dann erstmals etwas Altbackenheit in die "Setlist" ein. Der Song ist dabei keineswegs schlecht, lebt aber in erster Linie durch die hart gespielte Slide und ein paar feine Gitarrentremoli zum Ende hin.
Ganz anders The Shots Around Town; wieder ein herrlich schleppender Blues Rocker. Die Gitarren mächtig angefuzzt, die Soli kurz, der Text eindeutig und der Groove von beinharter Ausdauer. Nach gut der Hälfte haben BEITTHEMEANS ein Break eingebaut, das die Nummer ziemlich deutlich zwei teilt und zum Ende hin sorgenlos nach hause soliert.
Der zweite Longtrack Drinking From A Skull hat einen ähnlichen Aufbau wie das zuvor gehörte End Of Time, plätschert so mir nichts dir nichts dahin, um dann mit dem zentnerschweren Hellhammer zuzuschlagen. Der Song ist, sowohl von den Vocals als auch von den Riffs her, noch aggressiver als End of... und ich werte ihn mal definitiv als einen der besten dieses Albums.

Die allerbesten Nummern stehen aber noch aus und folgen Drinking From A Skull auf dem Fuße: Wenn dir der Dirt Road Blues (möglichst laut) um die Ohren weht, dann bist du im tiefsten Alabama, in Sumpf und Hitze, bei Moskitos, Ochsenfröschen und gefräßigen Alligatoren angekommen...
Ebenfalls Killer: Day Of The Dog und der Rausschmeißer Alabama Summer! Beides Takes, die an deinem inneren Auge staubige Dörfer, unter der Hitze flirrende Felder und einsame Motels vorüber ziehen und zu einer Art Endlosschleife werden lassen. Die Welt dreht sich nur noch um Staub und Dreck, um verkommene Back Yards, krumme Wäschestangen, um dreibeinige Köter vor verblichenen Hundehütten und dahinrottende Traktoren, um heruntergekommene Tankstellen, billige Kaschemmen, Fliegenschiß an den Fenstern und um einen mindestens dreistöckigen Whiskey mit viel Eis bei eingeschalteter Klimaanlage.
Das Alabama Summer allein schon wegen der fett gespielten Slide nochmal explizit erwähnt wird, zeigt nur nochmal die Qualität dieses Songs auf. Einfach zum (einfachen) träumen, denn tolle Hotels mit großem Pool, schneidige Schnösel und nack'sche Junghühner sucht man hier genauso vergebens wie Porsche's und Rolex'; dafür isses echt, denn so ist Alabama!

Fazit: Was BEITTHEMEANS hier abliefern ist natürlich kein echter Southern Rock! Dass muss ganz klipp und klar gesagt werden. Die Jungen's scheinen auf eine Einordnung jedwelcher Art auch zu pupsen, denn sie wildern sich durch knallharten Blues Rock ebenso wie durch (eher wenig) klassisches Southern Riffing und haben auch kein Problem damit, wahre (punkige) Dreckschleudern an Songs zu schaffen. Ein bisschen mag diese Wildheit an die Burschen von AIRBOURNE erinnern, ein bisschen ist es aber auch diese beinharte Trotzigkeit, die den frühen LYNYRD SKYNYRD zu eigen war. Eine Band also, die wohl ganz gerne mal ein Hotelzimmer auseinander nimmt.
Wer mit solch wilden Hunden, ihrer rau-harten Musik, kernigem Patriotismus und eindeutig-zweideutigen Texten zurecht kommt, wer mal so richtig tief in Alabamas kochenden Sümpfen stecken möchte und keine Angst davor hat, auch mal im Rüssel eines Tornados zu stecken, der darf bei "Crude Alabama Storytellers" unbesorgt zugreifen. Die Scheibe wirkt wie Super verbleit im Einzylinder meines alten Deutz...!

*) Nein, ich bin kein Glorifizierer des Südens und auch kein nostalgischer Nörgler. Ich bin zwar kein Ami, habe aber Verständnis dafür, dass jeder freie Mann (gut, jeder freie Ami...) eine Schusswaffe führen darf, trotzdem steh' ich nicht auf dämliche Selbstgerechtigkeit und bin bestenfalls nur ein klitzekleiner Law-And-Order Typ (ab einem gewissen Alter wird man das wohl). Ich hab weder mit falschen Patriotismus/Nationalismus, noch mit KKK, Rassentrennung oder Sklaverei was am Hut!
Aber: Ich mag Dixie genauso wie meine eigene Heimat, liebe dessen Kultur, seine Geschichte (kann mich auch mit der nicht immer so glanzvollen Historie auseinander setzen), ich schätze diesen Menschenschlag, der nicht ganz so blauäugig und offen durch die Welt rennt, wie es der überwiegende Teil der Amis tut. Ich zog und ziehe verblüffende Parallelen zwischen Dixie und Bayern: Die überwiegende Introvertiertheit der Leute, die lieber erstmal abwarten und abchecken, wer ihr Gegenüber ist und was er will, ehe sie (immer noch etwas zögerlich) auf ihn zu gehen. Dazu kommt dann noch dieser typische (bayerische) Grant, der, in ähnlicher Form, vielen Rednecks ebenso zu eigen ist. Letztlich auch der Stolz dieser Leute (zeigt mir einen Tellerwäscher in Deutschland, der stolz auf sich und sein Land ist...!), ihr kerniger Slang, ihre Verbundenheit mit Land und Geschichte, ihre tiefe Gläubigkeit und nicht zuletzt auch ihre Musik.
Sicher wäre das etwas anders verlaufen, wäre ich 1975 nicht auf Lyn Skyn gestoßen. Mit "Gimme Back My Bullets" begann nicht nur eine immerwährende Liebe zu Southern und Blues Rock, sondern auch ein wirklich tiefes Interesse für Land und Leute, ihr Leben und ihre Geschichte. Vielleicht versteht der Eine oder Andere nun manchen Kommentar oder "textliche Verirrung" jenseits der Reviews. Seid mir nicht gram darüber.
Horns up!

Christian "Grisu" Gerecht, 22.07.2009

 

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