Dirk Darmstaedter "Fixpunkt: Phil Spector", Interview |
An die JEREMY DAYS und ihren Hit "Brand New Toy" werden sich noch viele erinnern. Jetzt ist Dirk Darmstadter ME AND CASSITY und ver?ffentlicht in diesen Tagen sein neues Album "Between Wake And Sleep". F?r uns war er sehr wach: Hooked on Music: Meines Wissens bist Du einer der wenigen deutschen K?nstler die zeitgleich Chef eines Plattenlabels (Tapete Records) sind und zudem aktiver Musiker mit regelm??igem Output? Dirk Darmstadter: Das stimmt nur teilweise. Da gibt's auf jeden Fall noch den Thees Uhlman von TOMTE, der mit seinem Label "Grand Hotel van Cleef" aktiv ist. Allerdings sprechen die derzeitigen Strukturen daf?r, dass es Sinn macht, kleinere Firmen zu gr?nden und mit Leuten zu besetzen, die aus dem Musik-Business kommen bzw. selbst Musiker sind. Das ist auf jeden Fall f?rderlich. Denn die gro?en Strukturen werden immer, immer... HOM:...grausamer. D.D.: Ja, absolut. Ich habe f?r mich selbst gesp?rt, dass es nicht meine Zukunft sein kann, bei der WEA anzukommen... HOM: Entschuldige bitte, aber Dein erstes Solo-Album von 1997 hast Du doch noch bei einer Major-Company rausgebracht, nicht wahr? D.D.: Genau! Aber obwohl die Leute die dort arbeiteten ganz okay waren, hatte ich das Gef?hl nicht das umsetzen zu k?nnen, was mir vorschwebte. Da war ich ein Kleiner unter Gro?en und somit quasi nur f?nftes Rad am Wagen. Ich hatte einfach keine Lust mehr mit Leuten zu arbeiten, denen es nicht um die Musik geht, sondern sich insgeheim Acts w?nschten wie James Last oder so... Da habe ich dann ?berlegt, was kann man machen? HOM: Ist es denn so, dass Du mehr die k?nstlerische Seite des Labels vertrittst? D.D.: Ja sicher, irgendwo schon. Obwohl man eigentlich auch von einer Arbeitsteilung im Sinne von jeder macht jedes reden kann. Doch letztendlich habe ich nat?rlich mehr Ahnung von der musikalischen Seite. Wie gehe ich mit den Bands um, wenn die z.B. im Studio sind, wenn die auf Tour gehen usw. HOM: Fungierst Du sozusagen auch als Sp?her, wenn es darum geht, Bands unter Vertrag zu nehmen. Gehst du raus und h?rst dir Bands an oder schicken die ihre Demos unaufgefordert zu dir nach Hamburg? D.D.: H?ufig l?uft es so, dass Bands ihre CDs oder B?nder zu uns schicken. Wir sondieren und beratschlagen, wenn uns etwas Interessantes unterkommt, wie z.B. MISSOURI. Oder aber es geht ?ber Mundpropaganda... ein Bekannter erz?hlt von dieser oder jenen interessanten Band und so kommt m?glicherweise ein Kontakt zustande. HOM: Auf Deinem aktuellen Album, dass am 01. M?rz erscheinen wird, arbeitest Du z.B. mit Tess Wiley, der ehemaligen S?ngerin von SIXPENCE NONE THE RICHER, zusammen. Wie kam es dazu? D.D.: Okay, da Tess nun auch eine Tapete-K?nstlerin geworden ist, ihr Album wird im April erscheinen, habe ich sie einfach gefragt, ob sie Lust hat, auf meinem Album mitzusingen. Da ich einfach auch absolut auf ihre Stimme stehe. HOM: Dein neues Album "Between wake and sleep" besitzt einen etwas anderen Sound, bzw. der musikalische Ansatz ist ein anderer als z.B. der auf Deinem letzten Album "Hope with a pain chaser ". Kannst Du kurz umrei?en, was die Triebfeder f?r diese leichte Umorientierung war? D.D.: Ja, jede Platte hat so ihren eigenen Flow, ihren eigenen Drall. Was mir klar war, dass nach "Pain chaser", welches ja eher akustisch gehalten war, mir der Sinn auf jeden Fall nach etwas kompakterem, rockigerem Bandsound stand. Mehr E-Gitarren, weg vom akustischen Setting. Irgendwie kommt es dann auch auf die jeweiligen Stimmungen an, die dich w?hrend der Zeit der Aufnahmen vereinnahmen. Das ist gar nicht immer so steuerbar. HOM: Im Promo-Begleitschreiben Deiner Firma ist die Rede davon, das neue Album sei inspiriert von der Produktionsweise eines Phil Spector. Das h?re ich eigentlich nicht so ganz heraus. Kannst du das mal erkl?ren? D.D.: Phil Spector war f?r mich immer schon ein Fixpunkt. Die Art und Weise, wie es ihm gelang, ich sag mal, kleine Teenage-Symphonien zu kreieren, kleine Kunstwerke zu bauen, wo es den Instrumenten gelingt miteinander zu verschmelzen. HOM: Hast Du denn auch, wie in den Sechziger Jahren ?blich, mit der kompletten Band live eingespielt oder das Track-by-Track-Verfahren verwendet? D.D.: Es ist so, dass ich mit meinem Drummer Lars Plogschties, die Basic-Tracks live einspiele, die Sachen dann mit nach Hause nehme, sie dort weiter bearbeite oder auch die anderen Musiker jeweils dort aufnehme, wo sie sich gerade aufhalten. Das kann auch bei denen zu Hause sein. Ich nehme ja mittlerweilen meine ganzen Platten auf 'nem Powerbook (Apple Computer) auf. Aber wir arbeiten nicht mit Click-Tracks oder so, da baue ich absolut auf die Spontanit?t der beteiligten Musiker. Wir verwenden zumeist den ersten oder zweiten Take, um zu einem m?glichst urspr?nglichen Ergebnis zu kommen. HOM: Kommst Du mit fertigen Ideen zu Deinen Mitmusikern, d.h. hast Du ein festes Arrangement im Kopf oder wie l?uft das bei Dir? D.D.: Da ich ja vieles alleine einspiele und die Kollegen eher nur die i-T?pfelchen setzen und ich mit denen ja teilweise schon seit Jahren zusammen arbeite, wissen die genau wie ich ticke. Daher brauche ich ihnen nicht allzu viel vorzugeben. Unserem Cellisten Hagen Kuhr z.B. summe oder pfeife ich eine Cello-Linie vor und der wei? ganz genau, wie er sie umzusetzen hat. Man probiert halt 'ne Weile herum und wenn du mit guten Musikern zusammenarbeitest, ist es oft so, dass sie dich mit eigenen Ideen ?berraschen, so dass du sie letztendlich nur ein wenig zu leiten brauchst und der Rest kommt von ganz allein. HOM: Auf Deiner Homepage verweist du zurecht mit angemessenem Stolz auf die gute Album-Rezension im ME, die mit 4 Sternen im oberen Bereich des M?glichen liegt. Wie viel bedeutet Dir eine gute Rezension im ME oder im Rolling Stone? Freut Dich das? D.D.: Jein! HOM: Wie wird Deine im M?rz stattfindende Tour aussehen bzw. sich anh?ren? D.D.: Wir werden logischerweise viele Songs des aktuellen Albums spielen, ein paar ?ltere Sachen von den fr?heren Alben, zwei, drei JEREMY DAYS-Songs und ein paar wenige ausgew?hlte Coverversionen. Tess Wiley wird mit ihrem Gesang dabei sein, mein Langzeit-Partner Dave Storey und ich werden eine Mischung aus akustischen und elektrischen Songs vorstellen. Die komplette Band mitzunehmen, kann ich mir einfach nicht leisten, solange nicht garantiert ist, dass wenigstens 100-150 zahlende Zuschauer vor Ort sind. Denn sonst f?hrst du am Ende nach Hause und hast ein gro?es Loch in der Kasse. Die Live-Szene da drau?en in den Clubs ist nat?rlich auch bretterhart geworden. HOM: Nun gut, kommen wir zum Ende, Dirk. Vielen Dank f?r Deine Zeit. Ich w?nsche Dir alles Gute f?r Dein neues Album und auch f?r die anstehende Tour und hoffe, dass wir uns in D?sseldorf am 25.03. im Coffy-Club live wiederh?ren werden. D.D.: Ja klar, gib durch, wenn Du dort hinkommst. Danke Dir. Tsch?ss! Frank Ipach (Craving Hands), 20.02.2004 |