Bob Dylan

Die Philosophie des modernen Songs

( English translation by Google Translation by Google )

Buch-Review

Reviewdatum: 30.01.2023
Stil: Lied-Betrachtungen
Autor: Bob Dylan
Seitenzahl: 352
ISBN: 978-3-406-79284-7
Preis: 35,00 EUR

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Verlag: Verlag C. H. Beck


Redakteur(e):

Epi Schmidt


18 Jahre nach “Chronicles, Volume One“ pendelte man als Fan bereits zwischen Resignation und Hoffnung. Daran ändert “Die Philosophie des modernen Songs“ zwar jetzt nur bedingt etwas, aber immerhin ist es inzwischen ein Literaturnobelpreisträger und der “wahrscheinlich größte lebende Dichter“, wie es ein Akademiemitglied formulierte, der uns dieses Buch beschert.

Schon die “Chronicles“ waren zwar keine Biografie im üblichen Sinne, aber gemeinhin als solche betrachtet worden. Deswegen auch die sehnliche Erwartung, im Kreis der Jünger, diese möge doch fortgesetzt werden. Und in der Tat wird sie fortgesetzt. Aber so wie Dylan bei seinen Songs in den letzten Jahrzehnten immer wieder andere Herangehensweisen und andere Interpretationen erfunden hat, so lässt er mit “Die Philosophie des modernen Songs“ ein ganz besonderes Licht auf die Songs, die ihm wichtig sind, und damit auf seine Person scheinen.

 

66 Songs hat er sich vorgenommen und diese seziert, auf ihre Basis reduziert und – natürlich auch – interpretiert. Darunter sind Erwartbare, wie THE CLASHs London Calling, oder Big River von Johnny Cash and the Tennessee Two. Auch Midnight Rider von der ALLMAN BROTHERS BAND und Truckin' von THE GRATEFUL DEAD kommen nicht gänzlich überraschend. Aber die Art und Weise, wie Dylan nach der Essenz der Songs gräbt, ist von besonderer Qualität. Für gewöhnlich beschäftigt er sich erst mit dem eigentlichen Song und dem, was darin – womöglich – verborgen liegt. Das ist mal offensichtlicher, wie die Homosexualität in Little Richards Tutti Frutti, mal schwieriger zu erfassen, wie in Wichty Woman von den EAGLES. Vermeintlich leicht hingeworfene Zeilen, wie “Sie ist häuslich genug, dass die Uhr stehen bleibt, aber kein Schmuckkätzchen... Sie ist die alte Kröte, die mit der Nase schaut und mit der Zunge riecht – sie weiß, wie du tickst, nennt dich Dickhead, One-eyed Willie oder Humpty-Dumpty.“, stehen fast schon wissenschaftlichen Nachforschungen zu tatsächlichen und möglichen Ursprüngen von Songs gegenüber.

 

Natürlich muss einem Long Tall Sally niemand erklären. Beim zweiten Mal Luft holen ist der Song bereits vorüber. Aber selbst ein Klassiker, wie Blue Suede Shoes wird durch Dylans Betrachtung plötzlich viel tiefschürfender: “Es gibt mehr Songs über Schuhe, als über Hüte, Hosen und Kleider zusammen“. Klingt zunächst nicht so weltbewegend, aber in der Story dazu wird einem manches in der Geschichte des Rock'n'Roll klar. Aber natürlich gibt auch Bob Dylan zu, wie bei Hank Williams' Your Cheatin' Heart, “diesen Song kann man auf unterschiedliche Weise verstehen“. Und so ist es ja auch mit Dylans Musik, die dieser immer wieder neu erfindet, verändert und präsentiert. Vor allen Dingen live. Dem Buchtitel richtig gerecht wird der Autor bei der Betrachtung von Warren Zevons Dirty Life And Times, wenn er dem Gitarristen Ry Cooder bescheinigt: “Alle Platten, auf denen er je spielte, sind dadurch besser geworden, und sogar viele, auf denen er es nicht getan hat.“

 

Dieses Buch offenbart sich als eine schier unerschöpfliche Quelle, Songs, die man zeitlebens gekannt, oder auch noch nie gehört hat, in einem ganz anderen Kontext zu hören. Gleichzeitig können wir etwas über uns selbst lernen, wie durch Dylans Gedanken zu My Generation. Generation X? Generation Z? “Wir fluchen alle über die vorangegangene Generation, wissen aber, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis wir uns selbst in sie verwandeln.“ Vielleicht hilft uns dieses Werk, ein klein wenig leiser zu fluchen und etwas mehr zuzuhören.

 

PS: Wer lieber zuhört, für den gibt es "Die Philosophie des modernen Songs" auch als Hörbuch, gelesen von Wolfgang Niedecken

P.P.S.: Am treffendsten ist dieser Band vielleicht mit den Worten beschrieben, die Dylan für Black Magic Woman gefunden hat: “Er besitzt die Tiefe eines großartigen Gemäldes, verändert sich je nachdem, wie man sich ihm nähert, und scheint von innen heraus zu leuchten, er fordert zu wiederholter Betrachtung auf.“

 

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