12. & 13. Juni 2004, NL-Lichtenvoorde, De Schans
Freitag: Warm-Up
Bühne B (Zelt)
19:00 - 19:50 BROTHERS IN ARMS
20:10 - 21:10 BLAZE OF GLORY
21:15 - Air Guitar Siegerehrung
21:30 - 22:30 THE QUILL
23:00 - 00:00 MONTROSE

Wie bereits im letzten Jahr haben sich Redakteur Ralf Frank sowie Gastschreiber Jürgen Ruland und Metalharry aufgemacht um vom diesjährigen Arrow Rock Festival im holländischen Lichtenvoorde zu berichten. Unterstützt wurden sie dabei von den Redaktionskollegen Jörg Litges und Markus Hagner (Foto). Die einzelnen Beiträge erfolgen chronologisch und sind namentlich gekennzeichnet.

Freitag: Reisetag

Höflich wie wir sind, lassen wir dem Gast den Vortritt.

Jürgen: Nachdem man sich über das letztjährige ARROW ROCK FESTIVAL im niederländischen Lichtenvoorde nur positivst äußern konnte, kam es in diesem Jahr nun zur Ausgabe numero zwo. Der angestrebte dritte Tag mit David Bowie und Herbert Grönemeyer klappte letztendlich dann doch nicht, aber es ging eine Nummer kleiner mit u.a. MONTROSE. Nun ja, wenn die Entwicklung so rapide voranschreitet, tut sich hier ein immer größer werdender Leckerbissen für alle Rockfans des 60er bis 80er-Jahre Sounds auf. Das Billing 2004 konnte sich mehr als sehen lassen und deckte ein großes Spektrum ab, so dass hoffentlich jeder irgendwie auf seine Kosten gekommen ist. Anscheinend hat es sich aber immer noch nicht bis nach Germanien herumgesprochen, was für eine große Party in der Nähe Bocholts abgefeiert wird, denn die Anzahl der deutschen Nummernschilder war doch verschwindend gering.
Die Organisation dieses Events ließ erneut nichts zu wünschen übrig, vom Feinsten in jeder Beziehung. Die Preisgestaltung ist ja mittlerweile überall jenseits von Gut & Böse, man kann es fast nur noch resignierend aufnehmen. Das Angebot war hier äußerst vielfältig, aber ob acht Euronen für ein wenig Thai-Food sein müssen wage ich zu bezweifeln. Also wieder über die holländischen Pommes hergemacht...
Leute, das Catering erfüllt viele Wünsche (Einspruch: die Currywurst fehlt!), aber diese Munten ... Was Munten sind? Also, eine Munte gleich ein Euro, muss man an den jeweiligen Umtauschplätzen eintauschen (tausch tausch tausch, der reinste Sprachbasar...), und dann kann man sich an vielerlei kulinarischen Highlights laben, vorausgesetzt man hat eben genug von diesen gelben... Munten. Wem das Tauschmaterial ausgeht holt sich Nachschub am Geldautomat, dann wieder investiert in Munten... nun ja, das hatten wir schon. Und anschließend wieder neu in Grolsch inv... boah Mann, wir sind in Holland, so heißt die Biersorte dort. Nich imma nur Köpi!! Am Rande: Das alte Gerücht, dass Rockfans viel saufen, konnte an diesem Tag nicht restlos aus der Welt geschafft werden. Und nun noch mal zum Catering... nehmt Euch ein paar Dubbels mit. Käse, Schmierwurst, Schinken, Euer Geldbeutel wird es Euch danken. Das Flüssige kostet eh reichlich, denn am Eingang fliegen Plastikflaschen und Tetrapacks inne Tonne, was ich nicht ganz so spaßig fand. Der Mensch hat nun mal ein Recht auf Wasser!!

Anmerkung Ralf: Grundsätzlich sicher richtig, nur wenn man die normalen Preise in Holland als Basis nimmt, waren die Preise für ein solches Event sogar relativ günstig. 0,25 Becher Bier kostet auch in den Kneipen kaum unter 2 Euro. Trinkwasserflaschen abzunehmen ist aber eine echte Frechheit.

Jürgen: Da das Wetter besonders am Samstag doch eher wechselhaft war und man des öfteren heftigen Regenschauern ausgesetzt war, bewegte ich mich in diesem Jahr zwischen Rock Garden (draußen) und Rock Palace (drinnen) hin & her. Das hatte zur Folge, dass ich nicht jeden Auftritt komplett mitbekam, andererseits ist es auch eine sehr reizvolle Geschichte von einem Klassiker in den nächsten zu stolpern. Ist eben halt nicht ein einziges Konzert, sondern eine Megaparty, und dementsprechend eingestimmt erschienen mir auch die meisten der Anwesenden.

© Foto von Ralf Collaris, http://www.classicrockfestival.info/ Ralf: In meinem Vorbericht hatte ich ja noch gemutmaßt, dass das 2004er Programm das 2003er nicht nur an Masse, sondern auch an Klasse übertreffen könnte.
Dies war leider nicht der Fall, obwohl es sich ja durch die Bank um durchaus klangvolle Namen handelte, die überraschenderweise aber nur selten zu überzeugen vermochte. Das Publikum reagierte zumeist recht reserviert, nur in einem überschaubaren Radius zwischen Bühne und Mischpult konnte man gereckte Fäuste und klatschende Hände sehen.
Dies mag an mehreren Ursachen gelegen haben:
- Punkt A: Wetter. Im Gegensatz zum letztjährigen Hochsommer war es diesmal kalt und nass. Schwere Regengewitter und permanenter Nieselregen den ganzen Tag über vermochten nicht nur erfahrenen Festivalgänger in wetterfestem Outfit zu zermürben sondern auch den Festivalground. Dieser verwandelte sich kurzfristig von einer Wiese in eine nicht enden wollende Schlammgrube, selbst im Zelt kam das Wasser bächeweise von den Seiten hereingeflossen, an ein trockenes Plätzchen zum Stehen, geschweige denn zum Sitzen war nicht zu denken. Außerdem wurde der Boden von tausenden von Füssen derart durchgewalkt, dass uralter Dung aus früherer ackerbäuerlicher Nutzung aus seinem Ruhestadium zu neuen Leben erwachte und ein frischer Geruch von Misthaufen No. 5 über dem Gelände wehte, für Städter wie mich eher unangenehm.
- Punkt B: Sound. Auch hier, im Gegensatz zum letztjährigen Spitzensound hatte man wohl geglaubt, eine Schüppe drauflegen zu müssen und außerdem für das ältere Publikum die Bässe etwas anzuheben, d.h. zu einer ohrenbetäubenden Lautstärke (vor allem im Zelt) kam eine extra heftig abgemischte Bass-Drum, die man wie Faustschläge im Magen spüren konnte und die alle anderen Frequenzen unter sich begrub. Keine gute Ausgangslage etwa für Filigrantechniker oder Instrumentalvirtuosen.
- Punkt C: Ablaufplan. Durch die Überschneidungen in den Abläufen war für viele Fans ein relaxter Genuss eines ganzen Gigs nicht möglich sondern man musste jeweils zwischen den beiden Locations hin und her hasten, wobei man entweder von der einen Band den Anfang oder von der anderen das Ende oder beides verpasste, was der Stimmung eher abträglich erscheint. Gut, das gab es letztes Jahr auch, aber damals gab es keinen knöchelhohen Matsch der einem die Wanderlust vermieste.
- Punkt D: Programm. Alle Bands haben eigentlich klangvolle Namen und eine erfolgreiche Karriere hinter sich (Betonung: hinter sich), trotz dem war es meines Erachtens unnötig, das kleine aber feine Nischenplätzchen im Reigen der großen europäischen Open Airs aufzugeben und sich in direkte Konkurrenz dazu, sprich auf eine mehrere Tage dauerndes Mammutprogramm einzulassen. Von den etwa fünfundzwanzig angetretenen Bands hätte man gut und gerne fünfzehn zu Gunsten eines qualitativ hochwertigen Eintagesfestival wie im letzten Jahr weglassen können, aber das ist meine private Meinung, bei guten äußerlichen Bedingungen hätte es auch anders sein können.

© Foto von Margreet, http://members.lycos.nl/concertfotoos/ Nichts desto Trotz gab es auch eine Reihe von unverwüstlichen Naturen, die sich den Spaß an der Freud durch nichts und niemand vermiesen lassen wollten und die Feste feierten wie sie fielen, ein erhöhter Bierkonsum war da sicherlich mehr als hilfreich. Und hier kommen wir endlich einmal zu einem positiven Punkt. Aus der lückenlosen Plastikbecherlandschaft, die im letzten Jahr bereits nach wenigen Stunden den kompletten Festivalground bedeckte, hatte man Schlüsse gezogen und Maßnahmen ergriffen. So war der Bierpreis leicht angehoben worden, aber gegen vier Leergutbecher die man in den ausreichend vorhandenen Recycling-Stationen abgeben konnte, erhielt man eine Munte zurück, so dass man auf annähernd den Vorjahrespreis kommen konnte. Da es aber immer noch genügend Vandalen gab, die selbst die vielen gelben Tonnen als Abfallbehälter ignorierten und den Bierpreis auch so zu akzeptieren schienen, konnte man auch hier den Geldbeutel und die Umwelt schonen und dazu noch ein wenig Gymnastik betreiben. Daumen hoch.
Soviel also zu den äußeren Umständen.

Wie schon in Punkt C. beschrieben, ist das hektische hin und her Hasten einem gepflegten Konzertgenuss abträglich, das gilt für Fans ebenso wie für Berichterstatter (die zudem ja auch Fans sind, zu mindestens in unserem Falle). Diese Erfahrung aus dem letzten Jahr hatte uns gelehrt, dass weniger hier mehr ist und wir uns Präferenzen setzen mussten, will sagen, als alte Metalheads waren z.B. TEN YEARS AFTER oder Eric Burdon für uns von vorne herein kein Thema, dafür sind andere Redakteure im HoM zuständig, die genannte Bands dann auch entsprechend zu würdigen wissen. Insofern bitten wir um Verständniss, dass einige Bands in unserer Berichterstattung möglicherweise zu kurz, bzw. gar nicht vorkommen.

Immerhin hatten wir uns bereits am Freitag auf den weiten Weg gemacht, um Rocklegende MONTROSE beim Warm-Up zu besuchen. Als wir eintrafen, bekamen wir gerade noch den Rest der Metal-Cover-Band BLAZE OF GLORY mit, die ihre Sache ausgesprochen gut machten. Allerdings hatten auch sie bereits mit dem grottigen Sound zu kämpfen, der auch danach THE QUILL zum Unvergnügen werden ließ, denn eine gitarrenorientierte 70's Hard Rock Band ohne hörbare Gitarre klingt einfach übel. Der Air Guitar Sieger, der zwischendurch noch einmal seine Kür zum Besten geben durfte, entlockte gestanden Headbangern allerdings nur ein müdes Lächeln.

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The Quill im Hooked on Music

© Foto von Ralf Collaris, http://www.classicrockfestival.info/

Logo Montrose

Schlimmer noch als THE QUILL traf das Sounddebakel aber dann Gitarrenaltmeister Ronnie Montrose nebst Band, was doppelt Schade war, da MONTROSE tatsächlich nur in ihren Klassikern schwelgten. Leider waren u.a. Rock The Nation, I Got The Fire, Rock Candy, Space Station No. 5 oder Bad Motor Scooter aus dem überlauten Soundbrei mit körperverletzenden Bässen kaum herauszuhören. Dass die Band sich alle Mühe gab, konnte man zumindest ahnen, bei knapp 55 Minuten Spielzeit allerdings noch fünf Minuten Drumsolo einzubauen gibt zusätzlich Abzüge in der B-Note. Also ein eher unerfreulicher Abend, zumindest können wir MONTROSE in unseren To See Listen als gesehen abhaken, nicht mehr und nicht weniger.
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Montrose im Hooked on Music

Zu diesem Zeitpunkt waren wir noch guter Hoffnung, dass der Sound nur im halbleeren Zelt und möglicherweise fürs Warm-Up noch nicht endgültig abgemischt so darmkrampfmäßig daherkam, am offiziellen Festivaltag jedoch bereinigt sein sollte. Weit gefehlt.

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