Ulver

Void Ov Voices

Wien, Arena, 23.02.2010

( English translation by Google Translation by Google )

Konzertbericht

Reviewdatum: 06.03.2010
Stil: Ambient

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Redakteur(e):

Martin Schneider


Ulver, Void Ov Voices,
Wien, Arena, 23.02.2010

"Die Band ULVER gibt es eigentlich nicht, wir sind ein Studio-Phantom.", hieß es noch in einem Interview um die Jahrtausendwende. Doch die Zeiten ändern sich. Kristoffer Ryggs ambitioniertes Studioprojekt nahm mehr und mehr Formen einer Band an und Anfang 2009 gab die Formation auf dem Literaturfestival in Lillehammer ihr Livedebüt.

Auch wenn man im Februar 2010 geneigt ist von einer ersten Tournee zu sprechen, so sind die seltenen ULVER-Konzerte doch immer noch eine exklusive Angelegenheit in ausgesuchten Städten und Locations.

Mich zieht es nach Wien. Die Arena im Süden der Donaumetropole erweist sich als ein Kulturzentrum mit mehreren Hallen und sogar einer eigenen Open Air Bühne in einem alten Industriekomplex und versprüht den morbiden Charme des Verfalls. Lange Schlangen am Einlass zeugen vom allgemein großen Interesse an ULVER. Es ist ein bunt gemischtes Publikum, dass sich auf das Abenteuer einlassen will: Intelektuelle, Kunstinteressierte, Gothics, und sogar noch einige versprengte Schwarzmetaller aus den Gründertagen des Musikprojekts. Viele haben einen langen Anreiseweg auf sich genommen und ein vergleichbares babylonisches Sprachgewirr findet man sonst nur auf den großen kontinentalen Festivals.

Zwei Drittel des Saals direkt vor der Bühne sind bestuhlt. Dahinter befinden sich die tribünenartig angeordneten Stehränge. Schlechte Karten für gute, variationsreiche Fotos. Das Ambiente hat mehr von einer Theatervorführung, denn von einem Konzert und bietet den etwa eintausend Besuchern einen würdigen Rahmen für einen außergewöhnlichen Abend.

Der wird von VOID OV VOICES eröffnet und das neue Projekt von MAYHEMs Attila Csihar entführt das Publikum mit zwei "Stücken" fünfunddreißig Minuten lang in ein Paralelluniversum, in dem die meisten Gesetzmäßigkeiten der bekannten Musikwelt außer Kraft gesetzt scheinen. Minimalistische Elektronik und sphärische Geräuschfetzen sind lediglich schmückendes Beiwerk. Attila Csihar steht in einer Mönchskutte auf einer von drei kümmerlichen Friedhofslichtern erhellten Kanzel und erzeugt allein mit seiner Stimme Klänge, die gleichermaßen einem Didgeridoo wie einem röhrenden Hirsch nachempfunden sind. Das erinnert ein wenig an Drone der Marke SUNN O))) in Verbindung mit Mönchschorälen. Das ist verstörend, sorgt für Beklemmung und entbehrt trotzdem nicht eines gewissen Reizes. Allerdings passen solche Klänge sicher besser als stimmungsvolle lautmalerische Untermalung in ein nächtliches Kloster oder zu einem experimentellen Filmprojekt, wie auf eine derartig nüchtern gehaltene Konzertbühne, zumal zwangsläufig der größte Teil der Performance von Festplatte zugespielt wird.

Was ULVER im Anschluss daran zelebrieren ist eine Offenbarung. Die Norweger haben sich die alte RUSH-Philosophie zueigen gemacht. ,Wenn man als Musiker auf der Bühne nicht durch seine Präsenz für die Show sorgen kann, dann muss man visuell alle Register ziehen'.

"We came as thieves"

...prangt es in dezenten Lettern auf der Leinwand als das Quartett, das im Laufe des Abends vereinzelt von Gastmusikern unterstützt wird, die Bühne betritt.
Eos eröffnet die Show, während im Bühnenhintergrund die Sonne aufgeht. Was folgt ist eine visuelle Materialschlacht, die eine nahezu magische Verbindung mit der Musik eingeht. Eindringliche Bilder, arrangiert von der norwegischen Multimediakünstlerin Kristin Bøyesen reißen den Besucher in eine ganz eigene Traumwelt. Eine Bilderflut ergießt sich über den Betrachter, ästhetisch werden Schönheit und Schrecken visualisiert, deren Grenzen verschwimmen.

Im Gegensatz zum Auftritt in Berlin erlebt Wien keine Selbstzensur durch die Künstler und die Multivisionsinstallation enthält auch die Passagen aus Riefenstahls "Triumph des Willens", sowie die Kriegs- und Konzentrationslagerszenen. Da muss man dann schon mal kurz schlucken. Die Show beschert einem aber ohnehin ein emotionales Wechselbad.

Musikalisch beschränken sich ULVER auf ihre noch andauernde experimentelle Phase, die sich vom 98er-Album "Themes from William Blake's The marriage of heaven and hell" bis hin zum aktuellen Epos erstreckt. Neben vier Songs von "Shadows of the sun", wird vor allem "Blood inside" mit For the love of God, In the Red und Operator ausführlich gewürdigt. Kein Black Metal, aber eine fesselnde Mischung aus Trip Hop, Ambient, Neofolk mit einem gewaltigen Schuss PINK FLOYD. So unterschiedlich die Kompositionen der einzelnen Alben auch sind, ergeben sie zusammengefasst doch ein stimmiges Gesamtbild. Die ruhigen, verträumten Momente dominieren, werden jedoch immer wieder von energischen Sequenzen durchbrochen.

Man muss sich auf ULVER und diese Performance einlassen, darin eintauchen und aufgehen. Die Belohnung ist ein einzigartiges Erlebnis mit emotionalem Tiefgang. Nach siebzig Minuten und dem abschließenden Doppel Like music und Not saved lauten ULVERs Abschiedsworte auf der Projektionsfläche

"The rest is silence".

Nach dieser beeindruckenden Vorstellung braucht man einige Momente um zurück in die Realität zu finden, die geradezu surreal wirkt. Zu gewaltig und dominant sind die Eindrücke des Dargebotenen. Für eine Band ihrer Größenordnung haben ULVER an diesem Abend neue Maßstäbe hinsichtlich der Bühnenproduktion gesetzt.

Wissend, dass eine technisch konservierte Version nicht in der Lage ist einen ULVER-Auftritt in all seinen Facetten zu reproduzieren, wäre es schön, wenn sich die Norweger trotzdem dazu entschließen könnten, eines der Konzerte als DVD zu veröffentlichen.

Wer es aber nicht selbst mit allen Sinnen erlebt hat, ist um eine außergewöhnliche Erfahrung ärmer.

Setlist ULVER: Eos, Let the children go, Little blue bird, Rock massif Part I, For the love of God, In the red, Operator, Funebre, Silence teaches you how to sing, Plates 16 - 17, Hallways of always, Porn piece or the scars of cold kisses Part II, Like music, Not saved

Besonderer Dank an Mikko von Solar Penguin.

Martin Schneider, 23.02.2010

 

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